Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Erste Hälfte. Pachmann - Stöckhardt. (2.3.1)

364 Reichsbank. 
in Betreff des Staatspapiergeldes durch das Norddeutsche Gesetz vom 16. Juni 
1870, welches später auch in den Süddeutschen Staaten zur Geltung gelangte; für 
die Banknoten u. s. w. durch das Gesetz vom 27. März 1870, das, weil es 
auf eine bestimmte Dauer erlassen war, bis zu der die Regelung des Bankwesens 
noch nicht gelang, mehrmals verlängert wurde (Gesetz vom 16. Juni 1872, 30. Juni 
1873, 21. Dez. 1874, letzteres mit einigen weiteren Bestimmungen über die Bank- 
noten und Zettelbanken, durch welche die Bankreform eingeleitet wurde). Auch das 
Gesetz vom 27. März 1870 trat in den Süddeutschen Staaten in Wirksamkeit 
(Anfang Januar 1872). 
3) Die Regelung des Staatspapiergeldes. Durch das Gesetz vom 
16. Juni 1870 wurde bestimmt, daß bis zur gesetzlichen, in der Verfassung vor- 
behaltenen Feststellung der Grundsätze über die Emission von Papiergeld von den 
einzelnen Staaten des Bundes neues Papiergeld nur auf Grund eines auf den Antrag 
der betheiligten Landesregierung erlassenen Bundesgesetzes ausgegeben oder 
dessen Ausgabe gestattet werden dürfe. Das zur Zeit umlaufende Papier- 
geld durfte nicht vermehrt, nur durch neue Scheine ersetzt werden, letztere aber nicht 
auf einen geringeren Nennwerth als die alten lauten. Eine bestimmte Gültigkeits- 
frist hatte dies Gesetz nicht. Noch vor dem Bankgesetz kam es aber dann zu einem 
definitiven Gesetz über das Staatspapiergeld vom 30. April 1874. Der große 
Fortschritt darin lag in der Unifikation des einzelstaatlichen Papiergeldes, indem 
dasselbe gänzlich beseitigt und großentheils durch ein neues Reichspapiergeld, sog. 
Reichskassenscheine, ersetzt wurde. Der damalige Gesammtbetrag des Papier- 
geldes, das in einzelnen Staaten erst seit 1866 neu eingeführt (Bayern, Mecklenburg) 
oder stark vermehrt worden war (Königreich Sachsen), war damals 61 374,.000 Thaler 
(davon auf Preußen 30 475.000, Bayern und Sachsen je 12 Mill., Württemberg 
3 428 571, Baden 3714286, Hessen 2 457143, Mecklenburg-Schwerin 1 Mill. 
Thlr., die anderen Kleinstaaten zwischen 1 Mill. und 0,13 Mill. Thlr., nur die 
drei Hansestädte, Oldenburg, Lippe-Detmold und Elsaß-Lothringen hatten keines). 
An Stelle dieses Papiergeldes sollte endgültig die Summe von 40 Mill. Thlrn. 
oder 120 Mill. Mark Reichskassenscheine in Abschnitten von 5, 20 und 50 Mark 
treten und nach der Kopfzahl auf die einzelnen Staaten vertheilt werden. Dafür 
hatten diese das bisherige Papiergeld bis 1. Juli 1875 einzuziehen. Denjenigen 
Staaten, welche bisher mehr Landespapiergeld als den nach diesem Vertheilungs- 
schlüssel von der Summe von 120 Mill. Mark ihnen zukommenden Betrag emittirt 
hatten (d. h. alle, mit Ausnahme Preußens), wurde indessen für ⅜ der Differenz 
ihres bisherigen und ihres neuen Betrags ein Vorschuß in Reichskassenscheinen 
(nach dem Gesetz eventuell baar, was aber sogut wie gar nicht geschah) vom Reich 
überwiesen. Dieser Vorschuß, 18247 370 Thlr., ist vom 1. Jan. 1876 an in 15 
gleichen Jahresraten von den Einzelstaaten zu tilgen. Im Ganzen sind bis März 
1880 auf Grund dieses Gesetzes 174 082 100 Mark Reichkassenscheine verausgabt, 
die sich bis dahin durch die Tilgungen auf 159,44 Mill. Mark vermindert hatten; 
davon bestanden 44,38 Mill. Mark in 5-Mark-, 42,79 in 20-Mark-, 71,28 Mill. 
Mark in 50-Markscheinen. Ausdrücklich wiederholt das Gesetz von 1874 die Be- 
stimmung des Gesetzes von 1870, daß ein Bundesstaat in Zukunft nur auf Grund 
eines Reichsgesetzes Papiergeld ausgeben oder dessen Ausgabe gestatten darf. 
So. groß und erfreulich nun gegenüber dem bisherigen Zustande diese Reform 
war, so erscheint sie doch nicht befriedigend. Das neue Reichspapiergeld muß bei 
allen Reichs= und Einzelstaatskassen nach seinem Nennwerth in Zahlung angenommen 
werden, wird von der Reichshauptkasse (die damit die R. betraut hat) für Rechnung 
des Reichs jederzeit auf Verlangen gegen baares Geld (d. h. nach den Münzgesetzen 
gegen Deutsches Goldgeld und annoch gegen Silberthaler) eingelöst und ausdrücklich 
findet im Privatverkehr kein Zwang zur Annahme statt. Allein das Reich hat gar 
keine disponiblen Kassenbestände für solche Einlösung, eine andere unmittelbare
	        
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