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verrechnet, jedoch unter selbständiger Buchführung. Die Wechselstempelsteuer muß
genau nach dem Ertrage in den Einzelstaaten berechnet werden, da gesetzlich jedem
Einzelstaat 2 Prozent von den in seinem Gebiete fällig gewordenen Beträgen dieser
Steuer auszubezahlen sind; die übrigen 98 Prozent fließen direkt in die Reichskasse.
Für Bayern und Württemberg, wo die Postgefälle in die Landeskassen fließen, wird
doch die Wechselstempelsteuer ebenso wie für das übrige Reichsgebiet erhoben und
berechnet. Der Ertrag der Steuer wird periodisch im Centralblatt publizirt.
Der Spielkartenstempel wird durch die Steuerbehörden (vgl. die Angabe der
hier in Frage kommenden Steuerbehörden im Centralbl. 1880, S. 669) ertheilt und
die Gebühr von diesen verrechnet und zur Reichskasse abgeführt. Auch hinsichtlich
dieser Steuer muß der Ertrag in jedem Einzelstaat festgestellt werden, da gesetzlich
jedem Einzelstaat 5 Prozent für die Verwaltungskosten hinauszubezahlen sind.
Die Banknotensteuer wird direkt von den betreffenden Banken zur Reichskasse
abgeführt.
Die Erhebung der Verbrauchssteuern und der Zölle erfolgt durch einzelstaatliche
Behörden im Namen des Reiches (nur in Hamburg und Bremen sind Reichszoll=
ämter). Die Zolleinheit der Deutschen Staaten ist viel älter als die staatsrecht-
liche Einheit des Reiches. Die Genesis der heutigen Zollgesetzgebung beruht im
letzten Ende auf der berühmten Preußischen Zollreorganisation vom Jahre 1818.
Dem Preußischen Zollsysteme schlossen sich allmählich die meisten Nord= und Mittel-
deutschen Kleinstaaten an, weiterhin auch in Folge der Initiative König Ludwig I.
Bayern, so daß vom 1. Januar 1834 ab der größte Theil von Deutschland eine
Zolleinheit gegenüber dem Auslande bildete. Die so hergestellte Zolleinheit kraft
Staatsvertrages blieb in der Hauptsache bis zur Aufrichtung des Norddeutschen
Bundesstaates unverändert. Durch letztere wurde die bisherige völkerrechtliche Ver-
bindung in eine staatsrechtliche Einheit umgewandelt (auch für die Süddeutschen
Staaten geschah dies schon 1867). Die Zollgesetzgebung richtet sich seit dieser
Umgestaltung einfach nach den allgemeinen Normen für die Bundesgesetzgebung: die
Zollverwaltung dagegen blieb im Wesentlichen so erhalten, wie sie seiner Zeit
unter der Herrschaft des völkerrechtlichen Zollbündnisses eingerichtet worden war.
Die Verwaltung des Zoll= und indirekten Steuerwesens durch die Behörden
der Einzelstaaten hat jedoch nach gleichheitlichen Grundsätzen zu geschehen, demgemäß
wurden durch den Zollvereinsvertrag von 1867 (Art. 3 § 6, Art. 16 Z. 4) ge-
meinsame Grundzüge für die Organisation dieser Behörden statuirt. Die materiellen
Grundsätze ferner, nach welchen die Verwaltung zu geschehen hat, beruhen entweder
auf der Reichsgesetzgebung oder auf Verordnungen des Bundesrathes. Die Durch-
führung dieser Normen wird endlich in Beziehung auf die Gleichmäßigkeit kontrolirt
durch besondere Reichsbeamte. Seit den Zeiten des Zollvereins erfolgt jene Kontrole
in der eigenthümlichen Weise: daß höhere Zollbeamte des einen Staates unter for-
meller Aufrechterhaltung ihres einzelstaatlichen Beamtenverhältnisses mit der Ueber-
wachung eines bestimmten Zollbezirkes eines anderen Einzelstaates beauftragt werden.
Diese Kontrolbeamten führen jetzt den Titel: Reichsbevollmächtigte für Zoll= und
Steuerwesen und werden vom Kaiser ernannt; unter den Bevollmächtigten stehen
noch Stationskontroleure (NVerf. Art. 36 Abfs. 2).
Die Zoll= und Steuererträgnisse werden dem Reiche zur Verfügung gestellt,
„sobald diese Zölle und Abgaben nach den bestehenden Gesetzen und den über die
Fristen der Zoll= und Steuerkredite getroffenen Verabredungen für ihre Kassen fällig
geworden sind“. Ebenso werden die Steuern behandelt (Etatsges. vom 4. Dez. 1871• 8 3).
Die Abrechnung geschieht in folgender Weise (RVerf. Art. 39): alle Aemter, welchen
die direkte Erhebung der Zoll= und Steuergefälle obliegt, haben an die ihnen
vorgesetzten Hauptämter Monats= und Ouartalberechnungen einzusenden; von den
Hauptämtern sind diese Rechnungen zu prüfen und alsdann den einzelstaatlichen
Central-(Direktiv-)Behörden einzusenden; von Seiten der letzteren hat Mittheilung