Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Erste Hälfte. Pachmann - Stöckhardt. (2.3.1)

Reichsgericht. 387 
schläge zu verlangen. Die Mitglieder des R. werden als Reichsbeamte in Gemäß- 
heit des Art. 18 der RVerf. für das Reich vereidigt. Zu einem Mitgliede des R. 
dürfen nur solche Personen vorgeschlagen werden, welche in Gemäßheit der §§ 2, 
4, 5 des G. überhaupt zum Richteramte befähigt sind, und welche überdem das 
fünfunddreißigste Lebensjahr erreicht haben. Daß der Ernannte vorher eine bestimmte 
Zeit hindurch, oder daß er bei Gerichten bestimmter Art als Richter oder Staats- 
anwalt thätig gewesen sein müsse, ist kein Erforderniß für die Ernennung. Noch 
weniger kann daran gedacht werden, daß bei Besetzung des R. den einzelnen Staaten 
das Recht zustände, das Vorschlagsrecht für eine bestimmte Anzahl von Stellen bei 
dem R. zu beanspruchen. Bei Neubesetzung einer Stelle stehen dem Reiche sämmt- 
liche zum Richteramte qualifizirten Personen innerhalb des Deutschen Reiches — 
insofern sie das fünfunddreißigste Lebensjahr vollendet haben — zur Disposition; und 
es darf aus den bei der ersten Ernennung stattgehabten Vorgängen nicht geschlossen 
werden, daß, wenn ein Sitz im R. erledigt wird, den bis dahin beispielsweise ein 
Sachse eingenommen hätte, nunmehr wiederum ein Unterthan des Königreichs Sachsen 
an diesen Platz zu bringen sei; denn die Realisirung eines solchen Gedankens würde 
das R. zu einer staatenbundlichen Einrichtung degradiren. 
Die Befoldung der Mitglieder des R. erfolgt aus der Reichskasse. Die hierzu, 
sowie zur Sustentation des R. überhaupt erforderlichen Mittel werden durch das 
Reichshaushaltsgesetz festgestellt (Verfassung des Deutschen Reichs Art. 69). Reichs- 
gesetzlich sind auch die Pensionsverhältnisse der Mitglieder des R. geregelt (GVG. 
§§ 130, 131), und zwar sowol in Bezug auf die Voraussetzungen des Eintritts der 
Pensionirung, wie auch in Bezug auf die Höhe des Ruhegehalts. Als Voraus- 
setzung für die „Versetzung in den Ruhestand“ bezeichnet das Gesetz „ein körperliches 
Gebrechen oder Schwäche der körperlichen oder geistigen Kräfte“, durch welches ein 
Mitglied des R. zur Erfüllung seiner Amtspflichten dauernd unfähig wird. Unter 
dieser Voraussetzung hat das unfähig gewordene Mitglied nicht nur ein Recht, sich 
in den Ruhestand versetzen zu lassen, sondern im Interesse der Leistungsfähigkeit des 
R. ist dasselbe verpflichtet, seine Versetzung in den Ruhestand zu beantragen, derartig, 
daß wenn dieser Antrag, obwol die Voraussetzungen zur Stellung desselben vor- 
liegen, nicht gestellt werden sollte, die Versetzung in den Ruhestand nach Anhörung 
des betreffenden Mitgliedes und des Oberreichsanwalts durch Plenarbeschluß des 
R. auszusprechen ist. Den Fall, daß die Versetzung in den Ruhestand beantragt 
werden könnte, ohne daß die gesetzlichen Voraussetzungen zu demselben vorlägen, er- 
wähnt das Gesetz nicht; es durfte eben erwartet werden, daß ein Mitglied des R., 
welches seinen Amtspflichten zwar nachkommen kann, aber nicht nachkommen will, 
statt der Versetzung in den Ruhestand seine Dienstentlassung beantragen werde. Die 
Höhe des zu gewährenden Ruhegehaltes bestimmt sich nach der Dauer der Dienstzeit. 
Die Verfassung des Deutschen Reichs bestimmte schon in Art. 18 Abf. 2 hinsichtlich 
aller Reichsbeamten: „Den zu einem Reichsamte berufenen Beamten eines Bundes- 
staates stehen, sofern nicht vor ihrem Eintritt in den Reichsdienst im Wege der 
Reichsgesetzgebung etwas Anderes bestimmt ist, dem Reiche gegenüber diejenigen 
Rechte zu, welche ihnen in ihrem Heimathslande aus ihrer dienstlichen Stellung 
zugestanden hatten.“ Hätte demnach das GWVG. über die Zahl der bei der Ver- 
setzung in den Ruhestand in Berechnung zu ziehenden Dienstjahre nichts gesagt, so 
würden doch jedem Mitgliede des R. diejenigen Jahre, während welcher dasselbe in 
seiner früheren dienstlichen Stellung pensionsberechtigt war, bei seiner Versetzung in 
Ruhestand mit zu Gute zu rechnen gewesen sein. Das GVG. hat aber gegenüber 
den anderen Reichsbeamten die Mitglieder des R. in hervorragender Weise begünstigt, 
indem es anordnet, daß bei Berechnung der Dienstzeit diejenige Zeit mitgerechnet 
werden soll, während welcher das Mitglied sich im Dienste des Reichs oder im 
Staats= oder Gemeindedienste eines Bundesstaates befunden oder in einem Bundes- 
staate als Anwalt, Advokat, Notar, Patrimonialrichter oder als öffentlicher Lehrer 
25“
	        
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