890 Reichsgericht.
Präsidenten des R. in Anspruch genommene Richter hat seiner Landesjustizverwaltung
hiervon Anzeige zu machen, und unweigerlich das zu thun, was der Präsident des
R. von ihm verlangt. Die Bestimmung der Strafp O. 5 494 läßt darüber keinen
Zweifel, daß das R. bezüglich der von ihm in erster Instanz ergangenen Ver-
urtheilungen auch Strafvollstreckungsgericht ist. Die Strafvollstreckung selbst würde
in Gemäßheit der Strast O. 8 483 durch den Oberreichsanwalt zu erfolgen haben;
und die hieraus für das R. sich ergebenden praktischen Schwierigkeiten würden durch
die ganz allgemein gehaltene Vorschrift des G. § 147 Abs 2, welche die Ueber-
tragung auch der Strafvollstreckung auf jeden Beamten der Staatsanwaltschaft ge-
stattet, zu beseitigen sein. In denjenigen Strafsachen, in denen das R. in erster
Instanz erkennt, steht das Begnadigungsrecht ausschließlich dem Kaiser zu, der
daseih als persönliches Recht ohne Mitwirkung des Bundesrathes ausübt (StrafP O.
* 4850.
Zuständigkeit des R. in zweiter Instanz. Diese findet nur in
Strafsachen statt. Das R. ist Revisionsgericht in Bezug auf alle Urtheile der
Schwurgerichte, sowie in Bezug auf diejenigen Urtheile der Strafkammern, welche
von denselben als Gerichtshöfen erster Instanz erlassen, und für welche nicht die
Oberlandesgerichte die Revisionsgerichte sind (GVG. § 136 Nr. 2, § 123 Nr. 3;
vgl. d. Art. Oberlandesgerichte). Sowol Untersuchung wie auch Verhandlung
der vorstehend bezeichneten Strafsachen können zu „Beschwerden“ Veranlassung geben.
Zur Erledigung derselben ist aber nicht das R., sondern sind die Oberlandesgerichte
zuständig (GVG. § 123 Nr. 5). Wenn jedoch eine Entscheidung des Schwur-
gerichts oder der Strafkammer zwar an sich das Rechtsmittel der Beschwerde recht-
fertigen würde, aber auch hinsichtlich ihrer Wirkung als eine solche anzusehen ist,
auf welcher das Urtheil beruht, so wird das R. auch diese Entscheidung, wegen
ihres Zusammenhangens mit dem Endurtheile, seiner Beurtheilung zu unterziehen
haben (StrafP O. § 375).
III. Zuständigkeit des R. in dritter Instanz. A) In bürger-
lichen Rechtsstreitigkeiten. 1) Das R. ist zuständig für die Ver-
handlung und Entscheidung über das Rechtsmittel der Revision
gegen die Endurtheile der Oberlandesgerichte (GVG. 8§ 135 Nr. 1).
Da nun nach CPO. 8§ 507 die Revision in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten nur
gegen die in der Berufungsinstanz von den Oberlandesgerichten erlassenen Endurtheile
stattfinden, da ferner die Oberlandesgerichte in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten nie-
mals Revisionsgerichte, sondern nur Berufungs= oder Beschwerdegerichte sein können,
so folgt hieraus, daß das R., abgesehen von der weiter unten noch hervorzuhebenden
Bestimmung des § 8 des EsG. zum GG., in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten das
einzige Revisionsgericht ist. Der Umfang der Zuständigkeit des R. als Revisions-
gerichts ist aber bedingt durch die Voraussetzungen, von welchen die Zulässigkeit der
Revision abhängig ist. Es sind dies die folgenden. Die Revision darf nur darauf
gestützt werden, daß eine Vorschrift des materiellen Rechts oder des Verfahrens ver-
letzt sei. Dies genügt aber nicht, sondern es muß auch dasjenige Gesetz oder Ge-
wohnheitsrecht, dessen Verletzung behauptet wird, entweder ein Reichsgesetz oder ein
solches Gesetz, resp. Gewohnheitsrecht sein, welches außer in dem Bezirke des Be-
rufungsgerichtes noch in dem Bezirke eines anderen Berufungsgerichtes gilt (CPO.
§511). Hiernach wird es nöthig, für das in Deutschland geltende bürgerliche
Recht die Eintheilung zu machen: Recht, welches innerhalb eines Oberlandes-
gerichtsbezirkes gilt; Recht, welches in mehr als einem Oberlandesgerichtsbezirke
gilt, und Recht, welches in allen Oberlandesgerichtsbezirken gilt. Die Revision
ist zulässig für die beiden letzteren Arten von Recht, und bleibt ausgeschlossen für
die erste Art von Recht. Auf die Schwierigkeiten, die hieraus für die Praxis sich
ergeben werden, näher einzugehen, ist hier nicht der Ort; nur darauf ist hin-
zuweisen, daß nach § 6 des E. zur CPO. mit Zustimmung des Bundesrathes