Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Erste Hälfte. Pachmann - Stöckhardt. (2.3.1)

Reichskriegsschatz. 397 
des Stellvertretungsgesetzes die Ernennung verantwortlicher Stellvertreter für die 
Justiz, das Eisenbahnwesen und das Innere als zulässig erachtet werden dürfte, 
kann bezweifelt werden (die Motive nennen diese Ressorts nicht), da für alle diese 
Ressorts die „eigene und unmittelbare Verwaltung“ unzweifelhaft „vorwiegend“ in 
der Hand der Einzelstaaten liegt. 
Ueber die Stellvertretung des R. durch den Statthalter von Elsaß-Lothringen 
s. d. Art. Reichsland. 
Als unmittelbares Bureau des R. besteht seit 1879 eine besondere „Reichs- 
kanzlei". 
Esge. u. Lit.: RVerf. Art. 15—18; Gesetz vom 17. März 1878 (R.G.Bl. 7) über die 
Stellvertretung des Reichskanzlers (die taiserl. Stellvertretungsordres sind im Reichsanzeiger 
mnrr dasn die Stenogr. Berichte über die Berathung des Stellvertretungsgesetzes 1878, 
373 ff., 401 ff., 331 ff. — Laband, Staatsrecht, I. §§ 32, 33. — Meyer, 
S 135. — Riebel. Kommentar, § 9. — Seydel, Kommentar, S. 126 ff. — 
v. Rönne, Staatsrecht, I. g'ia. — Zorn, Lehrbuch, I. §§ 9u. 12. — Hänel, Studien, II. 
S. 24 ff. — Joöl, Die Substitutionsbefugniß des R., in Hirth's Annalen 1878 S. 402 ff. 
(im Grundgedanken verfehlt), 761 ff. Zorn. 
Reichskriegsschatz. I. Der Preußische Staatsschatz. 1) Die Institu- 
tion eines Staatsschatzes besteht in Preußen seit Friedrich Wilhelm I. Derselbe 
hatte im vorigen Jahrhundert wesentlich die Aufgabe, reichliche Mittel für alle Fälle, 
namentlich aber für den Fall eines Krieges bereit zu halten, und den Staat der 
damals sehr kostspieligen und nur in beschränktem Maße möglichen Anleihen ganz 
zu überheben; es kam darauf an, den Staatsschatz auf solche Höhe zu bringen, daß 
er auch für längere Kriege die Mittel bot; es war das gleichsam eine Erweiterung 
der Generalstaatskasse. 
2) Bei Gelegenheit der Neuordnung des gesammten Finanzwesens nach den 
Freiheitskriegen wurden nun folgende Grundsätze maßgebend. Zunächst wurden dem 
Staatsschatz bestimmte Einnahmen gesetzlich zugewiesen; es verfügte nämlich zunächst 
die Kab. Ordre vom 17. Januar 1820 im Allgemeinen, daß Ersparnisse, welche im 
Laufe der Administration erzielt würden, und andere zufällige Einnahmen zur Bil- 
dung eines Staatsschatzes abgeliefert werden sollten, und es setzte die Kab. Ordre 
vom 17. Januar 1826 speziell fest, daß zu diesen zufälligen Einnahmen gehören 
sollten zuvörderst der Erlös aus der Veräußerung und Vererbpachtung solcher Be- 
sitzungen und Anlagen des Staats, die nicht unter den Domänen begriffen und mit 
ihren Nutzungen dem Tilgungs= und Verzinsungsfonds der Staatsschulden nicht über- 
wiesen sind, z. B. Hütten-, Hammer-, Salzwerke, gewerbliche Anlagen; ferner das 
Entgelt aus Ablösungen und Prästationen, die zu den genannten Staatsgütern ge- 
hören; endlich die zurückzuzahlenden Darlehen und Vorschüsse, welche aus dem Extra- 
ordinarium der Generalstaatskasse an Kommunen oder Privatpersonen gegeben 
sind. An festen Grundsätzen über die aus dem Staatsschatz zu machenden Verwen- 
dungen fehlte es dagegen, und wenn auch allerdings nach feststehender Verwaltungs- 
maxime die Bestände in erster Linie für die Zwecke der Kriegführung reservirt wurden, 
so sind doch in den folgenden Dezennien im Drange der Verhältnisse auch andere 
Ausgaben, nicht blos zu militärischen Zwecken, z. B. zur Deckung von Ausfällen, 
welche der Staatskasse in theuren Jahren durch den Einkauf von Proviant und 
Fourage erwachsen waren, sondern auch Ausgaben zu anderweiten Staatsbedürfnissen, 
z. B. zur Bildung eines Betriebsfonds, zu diplomatischen Zwecken, zur Deckung des 
Defizits der Bank, zu Gnadenbewilligungen, daraus bestritten worden, ganz ab- 
gesehen von der Verwendung, welche während des Jahres 1848 eintrat. (Vgl. 
darüber die Denkschrift des Ministers Thile über die Verwaltung des Staatsschatzes 
vom 6. April 1847, in „Der erste Vereinigte Landtag", Bd. I. S. 226 ff., ferner 
die Nachweisung bei Gelegenheit der ersten Budgetberathung in den Duuckschriften 
der II. Kammer 1849/50 Nr. 449 — Stenogr. Berichte der II. Kammer 1849/50 
Bd. IV. S. 2217 ff., 2223 ff.)
	        
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