Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Erste Hälfte. Pachmann - Stöckhardt. (2.3.1)

Repräsentationsrecht. 439 
zugleich sicher fruchttragend anzulegen, nämlich Gewinn aus den Zinsen der Zwischen- 
zeit und dem Kursunterschiede zu ziehen. Der Gegenkontrahent kann das R. benutzen, 
um sich ohne dauerndes Aufgeben des Papiers Baargeld zu verschaffen (in dieser 
Anwendung nähert sich das R. der wirthschaftlichen Funktion des Lombard) und 
sich doch zugleich die Möglichkeit offen zu erhalten, an der etwaigen Kurshebung zu 
profitiren; oder er prolongirt damit ein Lieferungsgeschäft (er „giebt das Papier 
in Kost“ vom früheren zum späteren Termine, „Kostgeschäft“, vgl. den Art. Prolon- 
gationsgeschäft) oder er hilft dem Stückmangel des Reporteurs durch Lieferung 
per Kassa ab u. s. w. 
Aus der juristischen Natur des R., als eines einheitlichen Geschäfts, ergiebt sich, 
daß die Aktiengesellschaften trotz des Art. 215 Abs. 3 des H#B. ihre eigenen Aktien 
reportiren dürfen, da im R. der Erwerb nur gleichzeitig mit der Wiederveräußerung 
aktirt ist. 
5 Lit.: Grünhut, Das Börsen= u. Maklerrecht, 1875, S. 72—79, auch in seiner Zeitschr. 
für das Privat= und öffentliche Recht der Gegenwart, 1875. —. James Moser, Die Zeit- 
geschäfte Berlin 1875, S. 14. — Endemann, H. R., § 121 III. — Thöl, 8. 8 285. — 
ntsch. d. ROHG. Bb. XXII. S. 191 ff. — Keyßner, Allg. Deutsches HG#B., 2. Aufl., 
S. 200—201. — Rechtsprechung betr. D. R. s. in Goldschmidt 2c., Zeitschr. für das gef. 
5nr Bd. XXVI. (1881), S. 248—257. Gareis. 
Repräsentationsrecht (Thl. I. S. 458) ist eine von der neueren romanistischen 
Doktrin, die mehr oder minder bewußt deutschrechtliche Grundsätze in das Röm. 
Recht hineintrug, erfundene Bezeichnung für das gesetzliche (Nov. 118) Erbfolgerecht 
1) der entfernteren Descendenten, 2) der Geschwisterkinder, deren zwischen ihnen und 
dem Erblasser gestandene Parentes (nähere Descendenten, bzw. Geschwister) vor dem 
Erblasser verstorben sind, folglich nicht mehr im Wege stehen; so daß man gewisser- 
maßen mit Justinian's Institutionen und Novellen sagen kann: jene erben an Stelle 
ihrer vorverstorbenen Eltern das, was anderenfalls diese würden erhalten haben. 
Hieraus nun folgerte man: jene repräsentiren diese; eine in falscher Vorstellung 
wurzelnde Ausdrucksweise, die am besten ganz vermieden wird, und in der That 
fernere Irrthümer erzeugt hat. So: jene Personen erbten nicht kraft eigenen Rechts, 
sondern aus dem Rechte des vorverstorbenen Parens, folglich nur, falls letzterer erb- 
fähig gewesen und von ihnen beerbt worden sei. Noch mehr verwirrte Glück diese 
grundlose Theorie, indem er unterscheiden wollte: R. im angegebenen Sinne „zum 
Behuf des Erbfolgerechts“ (nur bei Neffen) und N. „zum Behuf der Erbtheilung“ 
(Enkeln und Neffen gemeinsam). Heute wird allseitig erkannt, ein sog. R., will 
man einmal diesen irreleitenden dem Röm. Recht fremden Namen beibehalten, könne 
nichts weiter bedeuten, als den Inbegriff zweier für die Erbfolge der entfernteren 
Descendenten (erste Klasse) und der Geschwisterkinder (zweite und dritte Klasse) 
geltenden Merkmale: 1) Gradesnähe schließt nicht aus, 2) es wird in stirpes 
succedirt. Letzteres galt nach Röm. Recht auch da, wo Enkel, bzw. Geschwister- 
kinder von verschiedenen Eltern, allein zur Erbfolge gelangen. Wenn dagegen der 
RA. zu Speier von 1529 für alleinerbende Geschwisterkinder schlechthin Kopftheilung 
anordnete, so war das lediglich die Entscheidung einer alten Streitfrage (Azo, 
Accursius) im Sinne des Germanischen Erbrechts gegen das Römische. — Der Aus- 
druck représentation, aber ohne die obengenannten irrigen Folgerungen, hat im 
Code civil sich eingebürgert, ist dagegen dem Preuß. Allgem. LR. wie auch dem Sächsf. 
B#B. allganz fremd geblieben. Alle drei Gesetzbücher erweitern die gemeinschaftliche 
Erbfolge der Geschwisterkinder auf Geschwisterabkömmlinge überhaupt, und verwerfen 
die Lehrsätze jener falschen Doktrin. Das sog. R., im Sachsenspiegel nur für des 
Erblassers Enkel anerkannt, hatten spätere Sächs. Gesetze der Seitenlinie ausdrücklich 
versagt; wogegen wieder das Erbf. Mand. von 1829 § 43 die Kopftheilung des 
Speierschen Reichsabschieds verwarf. Nunmehr hat das Sächs. BG#B. die richtigen, 
auch vom Preuß. Allgem. LR. befolgten Grundsätze des Gem. Rechts durchgeführt: 
Abkömmlinge vorverstorbener, enterbter, durch Verzicht oder Ausschlagung aus-
	        
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