Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Erste Hälfte. Pachmann - Stöckhardt. (2.3.1)

446 Repressalien. 
seltener aber die Besitzergreifung eines Theiles des gegnerischen Staatsgebietes 
(Wildmann, lI. c.). Völlig unstatthaft erscheint aber für Friedenszeiten (s. da- 
gegen Kent, J. c.) die Ertheilung von Kommissionen an Staatsschiffe oder Privat- 
kreunzer zum Aufbringen von Schiffen auf hoher See (Wurm, 479), besonders an 
letztere, nach fast allgemeiner Abschaffung der Kaperei sogar in Kriegszeiten. Das 
Embargo und die in ihrer Rechtmäßigkeit anzuzweifelnde Friedensblokade (Heffter, 
§# 112, dafür, Wurm, 487, dagegen) gelten aber auch als Mittel zu anderen 
Zwecken (Heffter, 1. c.) und sind von NR. im eigentlichen Sinne unterschieden 
(Wheaton, l. c.) — Sowol die ältere als die neuere Doktrin gestatten die 
Ausübung der R. an Personen (Bartol., qu.; Groot, III., II. 998 V—VII; 
Wolff, § 591; Vattel, § 351; Moser, VIII. 500; Martens, V. R. 
§§ 253 und 254; Wildmann, l. c.; Heffter, § 110; Twiß, II. 21), wenn 
auch Schonung des Lebens verlangt wird (Groot, Wolff, § 595; Vattel, 
Heffter), bei gewaltthätigem Widerstande gegen die R.exekution wird aber Tödtung 
bald für gerechtfertigt angesehen (Wolff, 596 und 597; Vattel, § 352), bald 
mißbilligt, wenn sie als der wahrscheinliche Erfolg der Gewaltanwendung vorher- 
zusehen war (Groot). Auch wird die Vollstreckung von Leibesstrafen ausgeschlossen 
(Wolff, § 595; Vattel) und überhaupt gute Behandlung verlangt (Philli- 
more, III. 23). Die verhafteten Personen werden auch als Geiseln betrachtet 
(Heffter, 1. c.; Burchardi, 1. c.). Als Zweck der Verhaftung wird das 
Erlangen der Freilassung eines unrechtmäßiger Weise Verhafteten bezeichnet (Vattel, 
§ 351), indeß wird jene schon frühzeitig eingeschränkt durch zahlreiche Exemtionen. 
Ausgenommen werden Geistliche, Gesandte, Scholaren, Jahrmarktskaufleute, Weiber 
und Kinder (Bartol. qu. 7; Groot § VII.; Bynkershoek, De foro legat., 
XXII. § IV.), auch das Gefolge der Gesandten (Wildmann, I. 7188). 
Phillimore (III. 23) erklärt die von Groot befürwortete Nichtexemtion der zu 
unserem Feinde geschickten Gesandten für unstatthaft. Bartol., J. c., führt noch 
außerdem auf als Eximirte: scriptores und bidelli, die nunci# und famuli der 
Scholaren und ihre sie besuchenden Bäter, Bußpilger und ihre Hospizwirthe an 
Wallfahrtsorten, Zeugen und überhaupt vor Gericht Geforderte, Männer, welche zu 
ihrer Verehelichung oder zur Bestattung eines Blutsverwandten sich in ein fremdes 
Land begeben hatten und durch Wind und Wetter an einen fremden Ort Ver- 
schlagene. Ueberhaupt dürfen R. nur an Unterthanen und bleibend, nicht zeitweilig, 
in einem Staate sich aufhaltenden Nichtunterthanen, nicht an Durchreisenden geübt 
werden (Groot, l. c.; Wildmann, I. c.: Wheaton, lI. 306 ff.). Eximirt sind 
auch die Sachen der Gesandten, Studirenden und Jahrmarktskaufleute (Groot, l. c.). 
Gegen die Zulässigkeit von R. an Personen remonstrirten in Anbetracht ihrer Un- 
gerechtigkeit und Härte Berner (509) und Wurm (480). Von Gütern sind zu- 
nächst die des Staates zu beanspruchen; daß Das aber Schwierigkeiten verursache, 
weil Staatsvermögen gewöhnlich dem Verkehr entzogen und selten innerhalb fremder 
Staatsgrenze sich befinde, bemerkten schon Groot (III., II. § II.) und Gronov. 
ad Groot. R. an Staatsanleihen treffen, da selten der Staat ein Darleiher ist, 
in der Regel Private (Berner, 600). Indeß sind für Exemtion des von Fremden 
in Staatsfonds angelegten Geldes, sowie der öffentlichen Deposita, Vattel (6 344); 
Wildmann (.. c.); Burchardi (507). Nach Vattel ist dieselbe gebräuchlich 
in England, Frankreich u. a. Ländern, nach Wildmann (I. 189) beobachten 
sie die beiden ersteren und Spanien sogar im Kriege. War solche Exemtion schon 
zur Zeit der von Friedrich dem Großen an der Schlesischen Anleihe geübten R. 
(Martens, Caus. célèbr., II. 97 ff.) anerkannt, so haben die letztere verurtheilenden 
Autoren (Vattel, II., VII. 8 84 not. a; Wildmann, I. 189 ff.; Wurm, 479; 
Phillimore, III. 25 ff.) Recht und die sie vertheidigenden (Heffter (18611, 
S. 200 not. 2; Berner, 600) Unrecht. Zur Entschädigung der Privatpersonen, 
welche durch R. unverschuldeter Weise gelitten, sind verpflichtet nach Groot (§ VII.)
	        
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