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R. wesentlich ab. Der am meisten bestrittene Punkt (über die wechselnden Anträge
und Beschlüsse s. Mayer, Handbuch, I. S. 163, 164, 846—849) war die Reihen-
solge von Parteivorträgen, Fragestellung und R. Das Schlußergebniß war,
daß die Feststellung der Fragen schon den Parteivorträgen und daher natürlich auch dem
R. vorangeht. Was die sachlichen Bestimmungen betrifft, so lautet § 825: „Er faßt
die wesentlichen Ergebnisse der Hauptverhandlung in einer gedrängten Darstellung
zusammen, führt in möglichster Kürze die für und wider den Angeklagten sprechenden
Beweise auf, ohne jedoch seine eigene Meinung darüber kundzugeben.“ (Die letzte
Regierungsvorlage hatte gelautet: „Er setzt den Geschworenen die gesammte Lage
der Sache auseinander.“") „Er erklärt den Geschworenen die gesetzlichen Merkmale
der strafbaren Handlung und die Bedeutung der in den Fragen vorkommenden ge-
setzlichen Ausdrücke und macht sie auf ihre Pflichten im Allgemeinen und ins Besondere
auf die Vorschriften über ihre Berathung und Abstimmung aufmerksam. Der Vor-
trag des Vorsitzenden darf von Niemand unterbrochen oder einer Erörterung unter-
zogen werden; dagegen steht es jeder Partei frei, zu verlangen, daß die den Ge-
schworenen vom Vorsitzenden ertheilte Rechtsbelehrung im Protokoll ersichtlich gemacht
werde.“ — Nach § 344 Z. 8, der Oesterr. StrasP O. ist es ein Nichtigkeitsgrund,
wenn der Vorsitzende eine unrichtige Rechtsbelehrung ertheilt hat.
Neben der Berathung des Entwurfes der Deutschen StrafP O. gingen lebhafte
Verhandlungen des Deutschen Juristentages über die Frage, ob die Rechtsbelehrung
des Vorsitzenden die Geschworenen binden solle und über die hieraus zu ziehenden
Konsequenzen einher. Der vom Reichstag angenommene Satz, welcher das Recht
der Parteien feststellte, die Protokollirung der Rechtsbelehrung zu begehren, ward
von der Regierung für unannehmbar erklärt und in dritter Lesfung gestrichen, woraus
auch folgt, daß die Rechtsbelehrung unanfechtbar ist. „Die Geschworenen sind in
keiner Weise an die Rechtsbelehrung des Vorsitzenden gebunden und entscheiden
selbständig die ihnen vorgelegten Fragen. Es wurde dieser Satz in der Justiz-
kommission allgemein anerkannt“ (Keller). Der aus den verschiedenen Verhand-
lungen hervorgegangene § 300 lautet: „Der Vorsitzende belehrt, ohne in eine
Würdigung der Beweise einzugehen, die Geschworenen über die rechtlichen Gesichts-
punkte, welche sie bei Lösung der ihnen gestellten Aufgabe in Betracht zu ziehen
haben. Die Belehrung des Vorsitzenden darf von keiner Seite einer Erörterung
unterzogen werden.“ Ein Rückblick auf § 299 zeigt, daß diese Belehrung ebenfalls
erst stattzufinden hat, nachdem die Fragen an die Geschworenen festgestellt sind und
auf Grund derselben die Parteien ihre Ausführungen und Anträge zur Schuldfrage
vorgebracht haben. Was den Inhalt des Vortrages betrifft, so stellt ihn Löwe
so dar, als habe „die Straf O. das im Französischen Recht vorgeschriebene R. be-
seitigt und dasselbe durch ein lediglich die rechtliche Belehrung der Geschworenen
bezweckendes Schlußwort des Vorsitzenden ersetzt“, und soweit dabei das Gewicht auf
„vorgeschrieben gelegt ist, ist dies unbestreitbar richtig. Eine Verpflichtung
zur Zusammenfassung der Beweisergebnisse, zur Vorbereitung der Entscheidung der
Geschworenen über die Thatfrage hat der Vorsitzende gewiß nicht, untersagt ist ihm
aber nur die „Würdigung der Beweise“, ein Verbot, das eigentlich auch in
Frankreich als bestehend anerkannt ist, und von anderen Schwurgerichtsgesetzen sogar
neben der Anordnung des R. im engeren Sinne ausgesprochen ist. Allerdings ist
der Ausdruck nur soweit unzweideutig, als der Vorsitzende seine Meinung über das
Beweisergebniß, ja auch selbst über das Ergebniß der einzelnen Beweise nicht zum
Ausdruck bringen darf. Dagegen bemerkt Löwe selbst: „Auch die den Beweis
betreffenden Bestimmungen des Prozeßrechts können den Gegenstand der Rechts-
belehrung bilden.“ Keller sagt: „Damit ist nicht gemeint, daß der Vorsitzende in
keiner Weise auf die Beweise Bezug nehmen darff Es müssen z. B., um den
Geschworenen den Begriff und die Erfordernisse eines Beweises durch Anzeigen klar
zu machen, die vorgebrachten Beweise auch als solche bezeichnet werden.“ Gilt dies