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doch andererseits dieselbe verdächtigt; läßt überdies unerklärt, warum von ihrem
Standpunkt aus der deferirte und angenommene oder referirte Eid doch unter allen
Umständen (vom Erlaß abgesehen) muß ausgeschworen werden; und übersieht endlich,
wenn sie sich für die Leugnung der Beweismittelqualität darauf beruft, daß dem
Richter die Prüfung der Glaubwürdigkeit des Eides entzogen sei, daß dies auch bei
dem von ihr als Beweiemittel anerkannten richterlichen Eid (s. diesen Art.) der
Fall ist, obgleich doch dem Richter etwa in Folge der mündlichen Schlußverhand-
lung (Deutsche CPO. § 258) auch hier das Beschworene als unglaubwürdig sich
darstellen könnte; daß nicht minder auch rücksichtlich des Beweismittels der Urkunden
die freie richterliche Ueberzeugung theilweise durch Beweisregeln vinkulirt ist (§8 380 ff.,
§§ 150, 285, 405 Abs. 2 u. a. m.). In der That ist der S. schon vom Röm. Recht
als Beweismittel anerkannt (val. besonders 1. 5 § 2, 1. 35 D. 12, 2), als solches auch
von der Theorie überwiegend betrachtet (vgl. die bei Strippelmann, S. 48,
N. 51—53 Cit.; dazu noch Wetzell, S. 286; Renaud, § 132); und nunmehr
„der heutigen Rechtsanschauung entsprechend“ (Mot. zum Deutschen Entw. v. 1874,
S. 504), auch von der Deutschen CPO. bezeichnet und behandelt (II. 1 Tit. 10
„Beweis durch Eid“; § 416 „Antretung des Beweises“; §8 418, 419 Eid und
„andere Beweismittel“; 88§ 426, 324, 558 „Beweisbeschluß"; 8§ 428, 429
Wirkung „vollen Beweises“ u. s. w.). Lediglich contra rationem juris („aus
Zweckmäßigkeitsgründen“: Mot. 1. c.) wurde von der Deutschen CPO. in einzelnen
Punkten, wie hinsichtlich der gemeinrechtlich höchst kontroversen Frage der Delation
an Meineidige (vgl. Renaud, § 133 zu N. 21 ff.; Mot. zu § 398 des Deutschen
Entwurfs v. 1874, S. 505; Deutsche CPO. 88 422, 432 und gegen den Standpunkt
der Deutschen CPO. Strippelmann, S. 192), sowie hinsichtlich des prinzipiellen
Ausschlusses eines Widerrufs der Zuschiebung resp. der Annahme und der Zurück-
schiebung (Mot. cit. zu §§ 403—406, S. 507), dem Gesichtspunkt der sog. Ver-
gleichsnatur des Eides Einfluß gestattet. — Die Subsidiarität des Eides (val. den
Art. Eid) verlangt, daß die Eidesdelation zwar nicht blos beim Mangel anderer
Beweismittel benützt (Savigny, VII. S. 89; Strippelmann, S. 351), aber
neben anderen Beweismitteln jedenfalls nur für den Fall der Resultatlosigkeit der-
selben gebraucht werde. Die „eventuelle Eidesdelation“, deren Zulassung, wenn
der S. ein Beweismittel nicht ist, ein Verstoß gegen den Satz actore non probante
reus absolvitur wäre, ist, häufig angefochten (Strippelmann, S. 348), par-
tikularrechtlich namentlich in Sachsen (Wetzell, § 27 N. 45; Renaud, § 132
N. 8) und in Braunschweig (Mot. cit. S. 506) unstatthaft, und auch im Nord-
deutschen Entw. § 613 Absf. 1 ausdrücklich ausgeschlossen, von der Deutschen CPO.
§ 418 für zulässig resp. nothwendig erklärt, zugleich aber die Subsidiarität des
Eides dahin ausgedehnt, daß der S., wenn immer andere Beweismittel, sei es
vom Deferenten oder Delaten, geltend gemacht werden, diesen nachzustehen.
habe. Hierdurch ist nicht nur dem Deferenten gestattet, unter der Voraussetzung
der Geltendmachung anderer Beweismittel jederzeit bis zum bedingten Endurtheil
E 425), resp. bis zur Eidesleistung (§ 426), auch nach erfolgter Annahme oder
Relation seitens des Delaten seine Delation wieder zurückzunehmen; sondern auch
dem Delaten die Möglichkeit gegeben, von seiner Annahme oder Relation wieder
abzugehen und zu anderen Beweismitteln zu greifen (vgl. dazu auch § 419 Abf. 2).
Die in der Gewissensvertretung durch Beweis (probatio pro exoneranda conscientia,
vgl. die Literatur über dieselbe bei Renaud, § 136 N.-) im Gem. Recht dem
Delaten eingeräumte beschränktere Befugniß, der Erklärung über Annahme oder
Zurückschiebung des S. wenigstens vorläufig durch Antretung anderweiten Beweises
über die von ihm zu beschwörende Thatsache auszuweichen, ist durch die Erweiterung
ihres Grundgedankens, „daß eine Partei hinsichtlich des von ihr vollständig Be-
wiesenen nicht weiter mit einem Eid belästigt werden dürfe“ (Renaud, § 136 zu
N. 4), in § 418 cit. absorbirt; die Bezeichnung „Gewissensvertretung“ für dies