Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Erste Hälfte. Pachmann - Stöckhardt. (2.3.1)

50 Pfändung. 
künftige Schadenszufügungen und Beeinträchtigungen seines Rechts abzuwenden“. 
Zulässig ist die P. bei Vieh und anderen beweglichen Sachen, aber nur unter der 
Voraussetzung, daß der Beschädiger oder Störer unbekannt und unsicher ist, oder 
die P. das einzige Mittel zur Sicherung des Beweises bietet, also nur in einem 
„Nothstande“. Dabei ist der Exzeß in der anzuwendenden Gewalt und in Betreff 
der zu nehmenden Sachen ausdrücklich verboten, der Pfänder ist zur Anzeige an die 
Obrigkeit verpflichtet, welche den Schaden sofort zu untersuchen und abzuschätzen hat. 
Außer dem Schadensersatz kann der Pfänder „das in den Provinzialgesetzen näher 
bestimmte Pfandgeld“ fordern, bei P. zum Schutz gegen Störungen nur das letztere. 
Widerstand des zu Pfändenden und Gegen-P. werden mit Erhöhung des Pfandgeldes 
auf das Doppelte bzw. Vierfache geahndet. 
Diese Bestimmungen und ebenso die über P. in Schonungen sind für das bei 
Weitem wichtigste Anwendungsgebiet der P., die Bieh-P., ersetzt durch die freieren 
Vorschriften der Feldpolizeiordn. vom 1. Nov. 1847 und des Gesetzes vom 13. April 
1856, welche ihrerseits wieder im Großen und Ganzen durch das noch weiter 
reichende Feld= und Forstpolizeigesetz vom 1. April 1880 außer Kraft gesetzt worden 
sind. Dies Gesetz gilt auch für den ganzen Umfang des Preuß. Staates, während 
die Feldpolizeiordn im Allgemeinen nur für die landrechtlichen Gebiete Anwendung fand. 
Der § 77 des Feld= und Forstpolizeigesetzes bestimmt, daß, wenn übergetretenes 
Bieh auf einem Grundstück betroffen wird, auf dem es nicht geweidet werden darf, 
dasselbe auf der Stelle und in unmittelbarer Verfolgung von dem Feld= oder Forst- 
hüter, dem Beschädigten oder dessen Angehörigen oder Dienstleuten gepfändet werden 
könne. Außer diesem Falle des Weidefrevels ist die Thier--P. noch zulässig bei 
Uebertretung des § 10 des Gesetzes, welcher den § 368 Nr. 9 des RStraf G. er- 
gänzt. Hiernach ist das Uebertreten auf fremdes Feld nur dann straflos, wenn es 
geschieht wegen der schlechten Beschaffenheit des Weges oder eines sonstigen Hinder- 
nisses. Die P. ist binnen 24 Stunden dem Gemeindevorstand oder der Ortspolizei- 
behörde anzuzeigen; der Gepfändete kann bei dem Civilgericht, bzw. der Verwaltungs- 
behörde und dem Verwaltungsgericht Klage erheben. Wird die P. aufrecht erhalten, 
so werden die Pfandsachen versteigert und aus dem Erlös die Kosten und die sehr 
detaillirt geregelten Ersatzgelder gedeckt, der Schadensersatz nur, wenn er binnen drei 
Monaten gerichtlich geltend gemacht ist. Nach § 17 wird die unrechtmäßige P. mit 
Geldstrafe bis zu 150 Mark oder mit Haft bestraft, desgl. die Vereitelung der P., der 
Widerstand gegen den Pfänder (abgesehen von den §§ 113 und 117 des Straf G.) 
und die Wegnahme gepfändeter Sachen (abgesehen von den Fällen der §§ 137 und 
289 des StrafGB.). Damit ist die Kontroverse nicht erledigt, ob die lediglich von 
einem Privaten vorgenommene P. den Schutz der §§ 137 und 289 genießt. Meines 
Erachtens ist der § 137, welcher eine amtliche Anordnung voraussetzt, nicht an- 
wendbar, auch wenn für den Fiskus als Grundeigenthümer gepfändet wird, wol 
aber stets der § 289, der wohlerworbene Rechte Privater schützt, nicht nur Ver- 
tragsrechte (ogl. Oppenhoff, Rechtspr. Bd. VII. S. 153 und Bd. XI. S. 290; 
Derselbe, Komment. zu § 137 Nr. 2, zu § 289 Nr. 7; John in v. Holtzen- 
dorff's Handbuch des Strafrechts Bd. III. S. 191; Merkel, daselbst S. 837 
und v. Schwarze, Kommentar zu § 137 Nr. 2). 
Erfolgt die Wegnahme einer Sache, welche nach § 42 des Straf GB. der Ein- 
ziehung unterliegt, so kann man diese nicht eigentlich eine P., sondern nur eine Be- 
schlagnahme nennen (vgl. 8§ 94 ff. der Strafm O.). Vgl. auch den Art. Beschlag- 
nahme. 
Das Sächsische Recht schließt sich dem Gemeinen Recht, wie es oben dar- 
gestellt worden ist, auf das Engste an. Die P. ist zulässig auf dem Grundstück und 
auf einem an dasselbe anstoßenden Wege. Der Pfänder ist verpflichtet, von dem 
Gepfändeten ein anderes geeignetes Pfand anzunehmen, er kann angehalten werden, 
die Sache bei der nächsten Ortsbehörde zu deponiren, und hat bei der Gerichts-
	        
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