Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Erste Hälfte. Pachmann - Stöckhardt. (2.3.1)

572 Schiffskollision. 
Lieferungen überhaupt, die zur Erhaltung des Schiffs oder zur Ausführung der 
Reise erforderlich waren und zu diesem Zwecke gemacht sind; 
4) die Forderungen wegen Nichtablieferung oder Beschädigung von Gütern 
oder Reiseeffekten; 
5) die sonst noch oben unter Nr. 7 und 8 aufgeführten Forderungen. 
Die unter einer Nummer stehenden Forderungen sind gleichberechtigt. Nur bei 
denen unter Nr. 8 hat die später entstandene vor der früher entstandenen den Vor- 
rang, jedoch mit der Maßgabe, daß, wenn ein Kreditgeschäft zur Berichtigung einer 
früheren, unter die Nr. 3 fallenden Forderung eingegangen ist, sowie wenn ein Ge- 
schäft lediglich auf Anerkennung oder Erneuerung einer derartigen früheren Forderung 
abzielt, der daraus entstandenen Forderung stets nur das Vorzugsrecht der früheren 
Forderung zusteht, selbst wenn das Geschäft zur Fortsetzung der Reise nothwendig war. 
Das Pfandrecht der S. am Schiffe erlischt 1) durch den im Deutschen Reich 
(„Inland") im Wege der Zwangsvollstreckung erfolgten Verkauf des Schiffes, wobei 
jedoch die S. öffentlich zur Wahrnehmung ihrer Rechte aufzufordern sind; 2) durch 
den vom Schiffer im Falle zwingender Nothwendigkeit auf Grund seiner gesetzlichen 
Befugnisse bewirkten Verkauf des Schiffs. Es tritt alsdann das Kaufgeld an die 
Stelle des Schiffs, im zweiten Falle jedoch nur, so lange es beim Käufer aussteht 
oder sich noch in den Händen des Kapitäns befindet. An der Fracht ist das Pfand- 
recht nur wirksam, wenn dieselbe noch aussteht oder sich in den Händen des Schiffers 
befindet. Unter dieser Voraussetzung kann es aber auch im Falle der Cession dem 
Cessionar gegenüber geltend gemacht werden. Die für Aufopferung oder Beschädigung 
in Fällen der großen Havarie gewährte Entschädigung tritt für die S. an die Stelle 
dessen, wofür die Entschädigung gewährt wird. Ebenso die Entschädigung, welche 
für den Verlust oder die Beschädigung des Schiffs oder für die in Folge von Verlust 
oder Beschädigung von Gütern entgehende Fracht dem Rheder von dem zu leisten 
ist, durch dessen Schuld der Schaden verursacht ist. Hat der Rheder das Kaufgeld 
für das veräußerte Schiff oder die Fracht oder die gewährte Entschädigung ein- 
gezogen, so haftet er jedem S., dem dadurch sein Pfandrecht ganz oder zum Theil 
entgeht, persönlich für den diesem dadurch entstehenden Schaden. Auch wenn der- 
selbe das Schiff zu einer neuen Reise in See sendet, obwol er von der Forderung 
eines S., dem er nur mit Schiff und Fracht haftet, Kenntniß erhalten, haftet er 
zugleich bis auf Höhe des Betrags, der den S. durch Vertheilung des Werths, den 
das Schiff vor Antritt der Reise hatte, zu Theil geworden wäre. 
Gsgb. u. Lit.: Deutsches H#B. Art. 757—780. — Franz. Code de comm. art. 
191—196; vgl. Gesetz vom 10. Dez. 1874 (loi qui rend les navires susceptibles d’hypotheque) 
art. 27. — Belg. Code de comm. L. II. (Gesetz vom 21. August 1879) art. 3—6. — 
Maclachlan, On the law of merchant shipping (2. ed. Lond. 1876), p. 61 ss., 651 ss. — 
Lewis, Deutsches Seerecht, II. S. 148 ff. Lewis. 
Schiffskollision (Zusammenstoß von Schiffen, Th. I. S. 546) ist dann 
von juristischem Interesse, wenn dadurch ein Schaden herbeigeführt ist, indem es 
sich nun darum handelt, wer diesen Schaden zu tragen hat. Das Röm. Recht 
wendet hierauf die Grundsätze der lex Aquilia an. Es unterscheidet demgemäß, ob 
der Zusammenstoß durch Zufall veranlaßt, oder durch die Schuld des Schiffsführers, 
Steuermanns oder der Mannschaft verursacht ist. Im ersteren Falle hat der Eigen- 
thümer des beschädigten Schiffs selbst den Schaden zu tragen, im zweiten der, welcher 
ihn verschuldet hat (1I. 29 §8#§ 2—5 D. ad leg. Aquil., 9, 2)). Seit dem Mittelalter 
hat man jedoch das römischrechtliche Prinzip nur für den Fall beibehalten, daß der 
Schaden durch nachweisbares Verschulden von der einen Seite herbeigeführt war, 
wobei noch einige Rechte das Verschulden auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit be- 
schränkten. War dagegen der Zusammenstoß durch Zufall verursacht, oder war nicht 
auszumitteln, wem die Schuld beizumessen, oder traf die Schuld beide Theile, so 
wurde der Schaden über beide Schiffe vertheilt. Es bestand und besteht indeß noch
	        
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