Seeamt. 647
nur ausnahmsweise im Fall einer der Kirche drohenden Gefahr durch absolute
Stimmenmehrheit die zur Abwendung erforderlichen Maßnahmen treffen und ferner
dringende Verfügungen in Betreff der Leitung der einzelnen Diözesen und anderer
kirchlichen Gebiete mit provisorischer Kraft bis zur Wiederbesetzung des pähstlichen
Stuhles erlassen. Die Verwaltung des Kirchenstaates endlich wurde früher, aber einzig
und allein soweit es sich um die Erledigung der laufenden Geschäfte handelte, während
der S. in der Weise geführt, daß sie der Kardinalkämmerer in Verbindung mit drei
anderen Kardinälen, je einem aus den drei Klassen (den sog. capita ordinum),
welche letztere von Beginn des Konklaves ab alle drei Tage nach der Anciennetät
wechselten, leitete.
Lit.: Nau, Die Rechte des Domkapitel während der Feledgun * Gerhinkerung des
bischöflichen Stuhles, in der Tübinger theolog. Quartalschrift, — Ritter,
Der Capitularvikar, Münster 1832. — P. Hinschius, Kirchenrecht, Sn i 6 u. Th. II.
8 88. P. Hinschius.
Seeamt ist die durch das RGes. vom 27. Juli 1877 mit der Untersuchung
von Seeunfällen betraute Behörde. Gegenstand der Untersuchung, welche unabhängig
von einem Strafverfahren anzustellen, sind Unfälle Deutscher Kauffahrteischiffe; solche
ausländischer nur, wenn der Unfall sich in den Deutschen Küstengewässern ereignet
hat, oder die unttersuchung vom Reichskanzler angeordnet ist. Verpflichtet ist das S.
zur Einleitung der Untersuchung jedoch nur dann, wenn bei dem Unfall Menschen-
leben verloren gegangen, oder ein Schiff gefunken oder aufgegeben, oder unabhängig
hiervon die Untersuchung vom Reichskanzler angeordnet ist. Zweck der Untersuchung
ist die Ermittelung der Ursachen des Unfalls. Es soll namentlich festgestellt werden,
ob der Unfall durch ein Verschulden des Schiffers oder Steuermanns, oder durch
Mängel der Beschaffenheit, Ausrüstung, Beladung, Bemannung des Schiffs, oder
durch Mängel des Fahrwassers oder der für die Seefahrt bestimmten Hülfseinrichtungen
oder durch ein Verschulden der zu deren Handhabung bestellten Personen verursacht
ist; auch ist festzustellen, ob die zur Verhütung von Schiffskollisionen erlassenen
Vorschriften beobachtet sind.
Wennschon die Oberaufsicht über die S. dem Reiche zusteht, auch die Bezirke
derselben durch den Bundesrath abzugrenzen sind, so fällt doch die Errichtung von
S. in die Kompetenz der Einzelstaaten, wie diese auch die Behörden bestimmen,
welche die Aufsicht über die S. zu führen haben. Kompetent für die Untersuchung
ist das S., 1) in dessen Bezirk der Hafen liegt, den das Schiff nach dem Unfall
zunächst erreicht, 2) dessen Sitz dem Orte des Unfalls zunächst belegen ist, 3) in
dessen Bezirke der Heimathshafen des Schiffs liegt. Es entscheidet hierbei die Prä-
vention; doch kann das Reichsamt des Innern die Untersuchung auch einem anderen
zuständigen S. übertragen.
Die S. sind Kollegia. Sie bestehen aus einem Beamten als Vorsitzendem, der
die Fähigkeit zum Richteramt besitzen muß und auf die Dauer seines Hauptamts
eventuell auf Lebenszeit ernannt wird, und vier Beisitzern, welche die Stellung von
Schöffen haben. Sie werden in ähnlicher Weise, wie die letzteren berufen, doch
werden sie für jeden einzelnen Untersuchungsfall vom Vorsitzenden gewählt; auch
müssen zwei der Beisitzer die Befähigung als Seeschiffer besitzen und als solche ge-
fahren haben. Für jedes S. wird ein Kommissar vom Reichskanzler bestellt, welcher
den Verhandlungen beizuwohnen, Einsicht von den Akten zu nehmen, auch Anträge
an das S. oder dessen Vorsitzenden zu stellen hat. Er darf auch beim Reichskanzler
die Anordnung einer Untersuchung beantragen, wenn deren Einleitung vom Vor-
sitzenden des S. abgelehnt wird. Dem Vorsitzenden liegt es ob, über die Einleitung
einer Untersuchung zu befinden, die zur Vorbereitung der Hauptverhandlung erforder-
lichen Ermittelungen anzustellen, die Hauptverhandlung anzuberaumen, die hierzu
nöthigen Ladungen vorzunehmen und das Beweismaterial zu beschaffen. Das S.
erscheint in Betreff der Untersuchung als eine richterliche Behörde und ist mit den