Seeversicherung. 659
Dieselben Bestimmungen gelten auch im Falle der Mitversicherung der Provision
mit der Maßgabe, daß an Stelle der zehn Prozent zwei Prozent treten. Ist der
imaginäre Gewinn oder die Provision selbständig versichert, der Versicherungswerth
jedoch nicht taxirt, so wird im Zweifel angenommen, daß die Versicherungssumme
zugleich als Taxe des Versicherungswerths gelten soll.
Immerhin aber bleibt der Satz in Kraft: Die Versicherungssumme kann den
Versicherungswerth nicht übersteigen und soweit dies trotzdem der Fall ist, hat die
Versicherung keine rechtliche Bedeutung; folglich besteht auch für die S. das Verbot
der Ueberversicherung in Kraft, und es handelt sich nur darum, die Feststellung des
Versicherungswerthes gesetzlich zu regeln, was durch eine Reihe von Einzelbestim-
mungen in den heutigen Gesetzen (z. B. Art. 790—807 des Allg. Deutschen HGB.)
geschieht. .
Auch die Doppelversicherung ist verboten: Wird ein Gegenstand, welcher be—
reits zum vollen Werthe versichert ist, nochmals versichert, so hat die spätere Ver-
sicherung insoweit keine rechtliche Geltung, als der Gegenstand auf dieselbe Zeit und
gegen dieselbe Gefahr bereits versichert ist.
Ist durch die frühere Versicherung nicht der volle Werth versichert, so gilt die
spätere Versicherung, insoweit sie auf dieselbe Zeit und gegen dieselbe Gefahr ge-
nommen ist, nur für den noch nicht versicherten Theil des Werths.
In gewissen Fällen (Art. 793 des Allg. Deutschen HGMB.) hat jedoch die nach-
folgende S. trotz der früheren Versicherung Geltung und andererseits hat die spätere
Versicherung, nicht aber die zuerst genommene Geltung, dann nämlich, wenn die
frühere Versicherung für fremde Rechnung ohne Auftrag, die spätere dagegen von
dem Versicherten selbst genommen wird, sofern in einem solchen Falle der Ver-
sicherte entweder bei Eingehung der späteren Versicherung von der früheren noch
nicht unterrichtet war oder bei Eingehung der späteren Versicherung dem Versicherer
anzeigt, daß er die frühere Versicherung zurückweise.
Verboten und ungültig sind alle Versicherungen, denen nicht ein wirkliches
Interesse zu Grunde liegt, sondern die nur um der Versicherung selbst willen ab-
geschlossen werden und durch die Versicherung selbst zu Gewinn führen sollen; die
sog. Wettassekuranzen, man bezeichnet solche Versicherungen auch als „polices
honneur“ (s. Lewis, a. a. O. S. 177 Anm. 3).
Abgesehen von derartigen zwingenden Vorschriften der Gesetze bemißt sich Recht
und Pflicht der S. nach den Vereinbarungen der Kontrahenten, in deren Ermange-
lung die dispositiven Bestimmungen des Gesetzes in Anwendung zu bringen sind.
Zu den Vertragsvereinbarungen sind auch die von einer oder mehreren 8 gesell-
schaften aufgestellten statutarischen Bestimmungen zu rechnen, denen sich der Ver-
sicherungsnehmer bei Abschluß der S. unterwirft; so auch die „Allgemeinen S.be-
dingungen der Norddeutschen Seeplätze“, vom Jahre 1867, revidirt im Jahre 1875;
über diese s. Lewis, a. a. O. S. 175 und Entsch, des ROPS-. Bd. III. S. 88,
vgl. Bd. IX. S. 228.
Dem Versicherungsnehmer liegt vor Allem die Erfüllung der im Gesetze näher
normirten Anzeigepflicht ob: er hat bei dem Abschlusse des Vertrags dem Versicherer
alle ihm bekannten Umstände anzuzeigen, welche wegen ihrer Erheblichkeit für die
Beurtheilung der von dem Versicherer zu tragenden Gefahr geeignet sind, auf den
Entschluß des letzteren, sich auf den Vertrag überhaupt oder unter denfelben Be-
stimmungen einzulassen, Einfluß zu üben. (Man vgl. in dieser Hinsicht die Entsch.
des ROG. Bd. II. S. 32, VII. S. 394, XVI. S. 57 ff., 75 ff.) Wird diese
Verpflichtung nicht erfüllt, so ist der Vertrag für den Versicherer unverbindlich,
gleichwol aber gebührt diesem in solchem Falle die volle Prämie: sie ist hier als
gesetzliche Privatstrafe und theilweise wenigstens als Ersatz des Interesse am Ver-
tragszustandekommen anzusehen. Die Anzeigepflicht besteht fort während des ganzen
Laufes der Versicherung und dehnt sich auch auf den Versicherten aus, welcher
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