Seewurf — Seidensticker. 663
Seewurf (Thl. I. S. 546) liegt vor, wenn durch den Schiffer oder auf dessen
Geheiß zum Zwecke der Errettung von Schiff und Ladung aus einer gemeinsamen
Seegefahr Güter, Schiffstheile, Zubehör oder Geräthschaften über Bord geworfen
werden. Schon das von den Römern rezipirte Rhodische Gesetz schrieb vor, daß
beim S. die Eigenthümer des geretteten Schiffs und der geretteten Güter den Eigen-
thümern der geworfenen Güter verhältnißmäßigen Ersatz zu leisten hätten. Das
Institut erscheint jetzt als ein Fall der daraus selbst im Laufe der Zeit erwachsenen
großen Havarie. Ein S. ist nur dann statthaft, wenn die Errettung von Schiff
und Ladung von einer Erleichterung des ersteren, welches zu sinken droht, auf einer
Sandbank festsitzt u. s. w., abhängt. Dagegen ist auch für das Französische Recht
unpraktisch die Bestimmung des Code de commerce (art. 410), daß der Kapitän
über die Nothwendigkeit der Maßregel den Rath der Ladungsinteressenten, wenn sich
solche an Bord befinden, wie der principaux de D’équipage einholen soll. Als große
Havarie erscheinen bei einem S. und sind demgemäß Gegenstand der Entschädigung
nicht nur die geworfenen Sachen, sondern auch die mittelbar durch den S. ver-
anlaßten Schäden, vorausgesetzt daß zwischen letzteren und dem ersteren ein Kausal-
nexus besteht, wie z. B. der Schaden, welcher den Gütern durch das Wasser, das
in die behufs eines S. geöffneten Luken einströmt, zugefügt, welcher in Folge der
Störung der Stauung herbeigeführt wird, welchen der Schiffskörper durch das
Niederfallen eines gekappten Mastes erleidet. Der S. führt nach Deutschem See-
recht nicht zu einem Anspruch auf Entschädigung, wenn davon betroffen sind Güter,
welche auf Deck geladen waren; über welche weder ein Konnossement ausgestellt ist,
noch das Manifest oder Ladebuch Auskunft giebt; Kostbarkeiten, Gelder oder Werth-
papiere, welche dem Schiffer nicht gehörig bezeichnet sind; eine in der Natur der
Sache begründete Ausnahme, welche sich, allerdings mit manchen Ausnahmen, auch
in den fremden Rechten findet.
Gsgb. u. Lit.: Deutsches HGB. Art. 708 in Verbind. mit 702, Art. 710. — Tork and
Antwerp Rules 1 und 2; vgl. Lewis in Goldschmidt's Ztschr. XXIV. S. 511 ff. —
Code de comm. art. 400, 410—429, — Maclachlan, On the law of merchant shipping
(2 ed. London 1876), p. 615 ss. — Arnould, On the law of marine insurance (4. ed.
London 1872), II. p. 765 ss., 801 ss. — Courcy, Questions de droit maritime, I. (Paris 1877)
p. 225 ss. — Duhn in Voigt's Neuem Archiv f. H.R. I. S. 201 ff. — Lewis, Deutsches
Seerecht, II. S. 31, 40, 50 ff. " Lewis.
Séguier, Pierre, & 1504 zu Paris, 1549 avocat gen. au Parl., 1554
Prés. à mortier, bekämpfte die Prätensionen Roms bei dem Streit zwischen Julius III.
und Heinrich II., widersetzte sich der Einführung der Inquisition, 1 1580. — Sein
Sohn Antoine, 1552—1626, avocat gén. unter Heinrich III., ließ 1591 eine
Bulle Gregor's XIV. vom Parlamente verurtheilen als entgegen den libertés gallicanes,
1597 Prés. à mortier. — Sein Enkel Pierre III., 1588 — 1672, lntendant de
Guyenne, Garde des Sceaux 1633, Chancelier 1635, Fondateur- Protecteur de
’Académie française, hatte Theil an Abfassung des Code Louis.
Séguier, Ant. Louis, 1726—1791, avocat gén. au Parl. 1755 — 1771,
1774—1790, Membre de I’Acad. 1757.
Berfasser von Mercuriales, Plaidoyers, Réquisitoires, Discours académiques. Sein Eloge
par I. E. Portalis, Paris 1806 (Moniteur des 5, 6, 7 janv. 1800).
Lit.: Gaudry, Hist. du barreau, I. 222, 243, 244; II. 238—244. — Michaud. —
Sergent, Poötes du palais, 1878, p. 124. Teichmann.
Seidensticker, Joh. Ant. Ludw., 3 23. XI. 1760 zu St. Andreasberg
(Oberharz), habilitirte sich in Göttingen, wurde 1804 ordentl. Prof. in Jena und
Hofrath, 1816 Oberjustizrath in Hannover, f 30. X. 1817.
Schriften: Geist d. jurist. Lit. d., J. 1796. Gött. 1797. — Jurist. Fragmente, Gött.
160 1# Einleit. in den Code Napoléon, Tüb. 1808. — Lit. des Napoleonischen Rechts,
Lit.: Günther, Lebensstizzen, Jena 1858, S. 79. — Güldenapfel, Jenaischer
Univ.-Almanach, S. 114. ff. — Saalfeld, Geschichte der Univ. Gbttingen Sh 158 ff.
eichmann.