668 Selbstmord — Selbstverstümmelung.
Lit.: ihl: H. R., e Kufl 5 268, 281, 2822. — Endemann, H. R., 3. Muft S. 350,
546, 571. — Gareis, 320 K. 1 dersilhe, Das Stellen zur isposition, S 147. —
Lamprecht in Busch' * . Se“ X — Die Kommentare zum Allgemeinen
Teutschen. HGB. zu Art. 348, 354 Keyßner.
el
stmord. Die gemeinrechtliche Praxis hatte denselben unter dem Einfluß
der Kirche zu einem Delikte gestempelt. Man bestrafte den vollendeten S. nach
Verschiedenheit der Umstände mit schimpflichem oder mit stillem (ohne kirchliche
Ceremonien stattfindenden) Begräbnisse, den versuchten arbiträr mit Gefängniß,
Verweisungs= oder anderen Strafen, In der neueren Zeit ist man von der Be-
strafung sowol des vollendeten, wib des versuchten S. abgekommen (jedoch nicht
in England und Amerika), mit Kbazsche theils auf ihre praktische Wirkungslosigkeit
und Zweckwidrigkeit, theils auf den Umstand, daß in den meisten Fällen
die Zurechnungsfähigkeit als eine problematische erscheint, theils endlich mit Rück-
sicht auf die Schwierigkeiten einer rechtlichen Begründung dieser Bestrafung vom
Standpunkte des modernen, durch religiöse und spezifisch-moralische Gesichtspunkte
nicht mehr beherrschten, Rechtes aus. — Mehrfach fanden sich indeß in der neueren
Gesetzgebung besondere Strafbestimmungen in Betreff der Beihülfe zum S. Baden
drohte hier Gefängniß oder Arbeitshaus; Ungarn bedroht Anstifter und Gehülfen
mit Gefängniß, im Falle des sog. Amerikanischen Duells aber mit Staatsgefängniß
(& 283). Abgesehen von solchen besonderen Vorschriften ist die Beihülfe zum S.
nicht zu bestrafen, was in der (Franz., Oesterr. 2c.) Praxis jedoch nicht unbestritten
ist. Gleiches gilt in Betreff der Anstiftung, insofern nicht die zur Anwendung ge-
brachten Mittel (Drohungen, Mißhandlungen 2c.) den Thatbestand eines Verbrechens
gegen die peysönliche Freiheit oder gegen die körperliche Integrität herstellen.
v. Wächter, Revision der Lehre vom S., Arch. des K. RK. X—. A. Merkel.
Ealkstverschünnemokon Der Einzelne ist dem Staate und Einzelnen ver—
pflichtet, so lange er lebt. Wenn sich derselbe selbst verstümmelt, so verletzt er
zunächst dadurch Pflichten gegen sich selbst und Andere. Der Staat straft jedoch
nur dann die S., wenn diese in der Absicht geschieht, sich zum Militärdienste un-
tauglich zu machen oder durch künstlich hervorgebrachte Gebrechen sich dem Dienste
zu entziehen. Hier ist der wehrpflichtige Selbstverletzer Subjekt und zugleich Gegen-
stand der Uebertretung, deren rechtliches Objekt die Militärpflicht darstellt (Deutsches
Straf G B. § 142). Wehrpflicht ist hier gleichbedeutend mit gesetzlicher Verpflichtung
zum Militärdienste (Reichsmilitärgesetz vom 2. Mai 1874, §8 10, 11, 18, auch
Ges. über den Landsturm vom 12. Febr. 1875). Der Waffendienst ist die prin-
zipielle Verrichtung, die anderen militärischen Dienstleistungen die eventuelle. Es
genügt die Untauglichmachung für letztere. Nach dem Preuß. Strafgesetz verwirkte derjenige
die Strafe des Gefängnisses nicht unter einem Jahr und zeitiger Untersagung der Ausübung
der bürgerlichen Ehrenrechte, wer sich vorsätzlich durch S. oder auf andere Weise zu dem
Militärdienste untauglich macht oder untauglich machen läßt. Die Strafbarkeit wird da-
durch nicht ausgeschlossen, daß der Schuldige zu militärischen Nebendienstleistungen, außer
dem eigentlichen Waffendienste, befähigt geblieben ist; auch ist die Hervorbringung
einer dauernden Untauglichkeit nicht nothwendig. Der Thäter wird nach vollstreckter
Strafe zu demjenigen Militärdienste abgegeben, zu welchem er noch tauglich be-
funden. Nach der Preuß. Militär-Ersatzinstruktion vom 9. Dez. 1858 § 54 waren
Militärpflichtige und Rekruten, welche der vorsätzlichen S. wegen bestraft worden,
im Falle der Arbeitsfähigkeit ohne Rücksicht auf sonstige Zurückstellungsgründe zur
Ableistung der gesetzlichen Dienstpflicht in eine Arbeiterabtheilung einzustellen. Nach
dem Oesterr. Wehrpflichtgesetze vom 5. Dezbr. 1868 § 47 ist jeder Wehrpflichtige,
welcher der vorsätzlichen Selbstbeschädigung überwiesen wurde, insofern er zu irgend
einer Dienstleistung im Heere oder in der Kriegsmarine noch tauglich ist, dahin
abzustellen und hat zwei Jahre über die gesetzliche Liniendienstdauer zu dienen.
Hat die Abgabe zum Militärdienste auch bei solchen Individuen zu geschehen, bei
welchen wegen eingetretener Verjährung von dem Verfahren abgelassen wurde? In