Societas. 689
Schriften: Abhandl. über verschiedene Gegenstände der Strafrechtswissenschaft (Betracht.
über die Anwendung der Psychologie im Verhöre mit peinl. Angscchuldigten, Gießen 1819. —
Naturrecht, Bern 1857 (1859). Neue Ausgabe von Hodler, 1877.
Lit.: v. Orelli, Rechtsschulen und Rechtsliteratur, Zürich 1879, S. 73, 91. — Ztschr.
des Bernischen Juristenvereins, II. 409. — Hartmann, Gallerie berühmter Schweizer der
Neuzeit, Baden 1871, II. N. 68 (im Art. Samuel Schnell). Teichmann.
Societas (Gesellschaft) ist I. dem Begriffe nach die vertragsmäßige
Vereinigung zweier oder mehrerer Personen zu Leistungen, durch welche ein gemein-
samer Endzweck erreicht werden soll. Der darin liegende Vertrag ist nothwendig
zweiseitig, zwar nicht in der Art, wie die auf Umsatz gerichteten Tauschverträge,
wol aber insofern, als durch ihn jeder Gesellschafter verpflichtet wird, seine Leistungen
dem Zwecke, welcher auch derjenige des anderen ist, zu widmen. In diesem Sinne
bringt die S. als solche auch eine Vermögensgemeinschaft mit sich. Der Endzweck,
welcher erreicht werden soll, darf kein unerlaubter sein (1. 57 D. h. t.; Seuffert,
Arch. XIII. 257); sonst jeder beliebige, nicht blos ein Vermögenszweck, sondern auch
Vergnügen, Belehrung, Wohlthätigkeit, gemeiner Nutzen 2c. (früher sog. societates
mere personales). Betrifft er das Vermögen, so kann er entweder in dem gemein-
samen Haben und Gebrauchen oder in der Erzeugung und Gewinnung von Werthen
bestehen und in beiden Fällen mehr oder weniger umfassend sein. Fälle der ersteren
Art bilden die Vereinigungen zur Gemeinschaft einzelner Gegenstände (1I. 52 §§ 11—13;
1. 58 pr. D. eod. soc. quadrigae habendae causa) oder einer ganzen Gattung des
Erwerbes (z. B. von Erbschaften, 1. 3 § 2 D. eod.) oder des Vermögens überhaupt,
blos des gegenwärtigen oder auch des zukünftigen (sog. omnium bonorum, 1. 1 § 1;
1. 3 § 1; I. 5 pr. D. eod., welche letzte indessen thatsächlich nur unter Ehegatten
vorkommt und im Preuß. Recht auch gesetzlich anderen Personen nur in Gestalt
einer allgemeinen Erwerbsgemeinschaft gestattet ist, Allg. LR. I. 17 8§ 176 —182).
Desleichen kann auch der zweite Vermögenszweck, die Erzielung von Gewinn, als
Ergebniß entweder eines einzelnen Geschäfts (1. 58 pr. D. eod. soc. duadrigae ven-
dendae causa; I.I. 44, 71 D. eod.; Seuffert, Arch. XVIII. 36) oder eines Ge-
werbebetriebes (1. 52 §§ 4, 5 D. eod.) oder auch jeder Geschäftsthätigkeit überhaupt
gedacht sein. Bei der letzten (sog. societas qduaestuaria) werden alle Geschäfte, mit
Ausnahme der Erwerbungen aus Schenkung und letztwilliger Verfügung, auf den
Gesellschaftszweck bezogen, III. 8—13 D. eod., und hierauf soll nach 1. 7 D. eod.
im Zweifel, wenn eine S. schlechthin geschlossen worden ist, die Absicht der Parteien
gerichtet sein. Doch darf diese Auslegung heute als veraltet angesehen, und der
Wille der Kontrahenten eher auf den gemeinsamen Betrieb eines bestimmten Ge-
werbes gedeutet werden. Für diesen häufigsten Fall, die sog. Handelsgesellschaft,
hat das HG#B. neue Bestimmungen gegeben (vgl. darüber d. Art. Handels-
gesellschaft). — Aus dem Begriff der S. folgt, daß jeder der Genossen dem
anderen zu Leistungen verpflichtet und zur Theilnahme an dem erzielten Vortheil
berechtigt sein muß. Ein Gesellschaftsvertrag, der das eine oder das andere aus-
drücklich ausschlösse, enthielte in Wahrheit eine Schenkung an den nicht verpflichteten,
bzw. an den allein berechtigten Genossen und würde nur als solche klagbar sein.
In den Ouellen wird ein derartiger Vertrag unter Anspielung auf die Aesopische
Fabel societas leonina genannt (I. 29 § 2; 1. 5 § 1 D. eod.; Seuffert,
Arch. XVI. 110; XXXII. 134). Dagegen können Art und Umfang der Lasten
und des Vortheils für jeden Genossen frei bestimmt werden, und nur im Zweifel
gelten alle als gleichgestellt (I. 29 pr. D. eod.). Demgemäß können die Leistungen
eines Genossen in der Einzahlung von Geld oder in der Einlieferung von Sachen,
sei es körperlichen oder unkörperlichen, oder in Arbeit (operae), Kredit (gratia) rc.
bestehen (1. 80; 1. 29 pr. § 1; I1. 52 §§ 2, 7 D. eod.). Es kann ferner die
Tragung des etwa entstehenden Vermögensschadens jedem zu einem besonderen Bruch-
theil auferlegt, ja es kann sogar ausgemacht werden, daß aller Schaden einem der
v. Holtzendorff,. Enc. II. Rechtslexikon III. 3. Aufl. 44