Sonntagsarbeit. 705
gestattet ist (Gesetz vom 22. März 1841 bei Tallon et Maurice, Législation sur
les travails des enfants etrc., Paris 1875, S. 10; Gesetz vom 3. Juni 1874 bei
Tallon, S. 446; bei Lohmann, Fabrikgesetzgebungen, S. 127 ff.; Dekret vom
22. Mai 1875 bei Tallon, S. 572, bei Lohmann, S. 149; Dekret vom 5.
März 1877 bei Lohmann, S. 153). Uebrigens hatte der Deputirte Bam-
berger sowol bei der zweiten als auch bei der dritten Lefung des Gesetzes vom
3. Juni 1874 in den Sitzungen der Nationalversammlung vom 5. Februar und
vom 18. Mai die Befreiung der Juden von der Sonntagsfeier im Namen der
Gerechtigkeit und Toleranz und besonders auch deshalb beantragt, weil zahlreiche
Juden vor der Fremdherrschaft aus Elsaß-Lothringen geflohen seien. Der Antrag,
der übrigens nach einander in dreifacher Gestalt erschien, wurde ohne lange Diskussion,
besonders im Hinblick auf die Gesetzgebung der Vereinigten Staaten, verworfen. Man
fand namentlich, daß was den Juden billig, den Dissidenten und Atheisten Recht
sein würde (Tallon, S. 270—278, 387).
Das Dänische Gesetz vom 23. Mai 1873 über die Arbeit der Kinder und
junge Leuten in den fabrikmäßig betriebenen Werkstätten (Lohmann, S. 156 ff.)
verbietet in § 5 die Arbeit der Kinder — nach der sonstigen Ausdrucksweise des
Gesetzes der Kinder zwischen 10 und 14 Jahren — an den Sonn= und Feiertagen
der Volkskirche.
Für England hatte zuerst das Gesetz vom 15. August 1867 in Betreff der
Ausdehnung der Fabrikgesetze in Art. 7 das Verbot der S. für Kinder, junge Personen
und Frauen in den diesem Gesetze überhaupt unterworfenen Fabriken ausdrücklich aus-
gesprochen. In demselben Sinne hatte das Werkstätten-Regulirungsgesetz vom 21. Aug.
1867 Art. 6 Nr. 4, verboten, daß Kinder, junge Personen und Frauen mit Handarbeit
an Sonntagen oder nach zwei Uhr Nachmittags an Sonnabenden beschäftigt würden,
ausgenommen die Fälle, wenn nicht mehr als 5 Personen in derselben Anstalt beschäftigt
sind und wenn eine derartige Beschäftigung in der Erzeugung von Artikeln bestehe,
welche von der Fabrik im Detail verkauft würden, oder in Ausbesserung von Artikeln
gleicher Beschaffenheit (v. Bojanowski, Die Englischen Fabrik= und Werkstätten-
gesetze, Berlin 1876, S. 169 und 190, nebst den in den Noten gegebenen Erläute-
rungen). Das Fabrik= und Werkstätten-Judengesetz vom 25. Mai 1871 hat dann
aber die Beschäftigung aller jungen jüdischen Personen und Frauen, nicht also auch
der Kinder, an den Sonntagen freigegeben, unter der Voraussetzung, daß der betr.
Arbeitgeber gleichfalls Jude sei, das Etablissement Sonnabends bis Sonnenunter-
gang geschlossen und Sonntags für Erwerbszwecke nicht geöffnet sei u. s. w.
(v. Bojanowski, S. 214). Endlich hat die Factory and Workshop Act vom
27. Mai 1878 (41 Vict. Chap. 16) die genannten Bestimmungen wesentlich wieder-
holt; insbesondere spricht Art. 21 ganz allgemein den Grundsatz aus: „A cbild,
Joung person or woman shall not (save as is in this Act specially excepted)
be employed on Sonday in a factory or workshop.“ Solche Ausnahmen sind
ziemlich zahlreich (Art. 22 und passim). Auch das Judenprivilegium ist mit den
obigen Beschränkungen im Art. 51 im Wesentlichen wiederholt worden (Ausgabe der
Factory a Workshop Act 1878; Annuaire de législation étrangère, 1878,
S. 23, 31).
Nach dem Schweizerischen Bundesgesetze vom 23. März 1877, betr. die Arbeit
in den Fabriken (Lohmann, Die Fabrikgesetzgebung der Staaten des Europäischen
Kontinents, Berlin 1878), Art. 15 und 16 sollen Frauen unter keinen Umständen
zur S. verwendet werden, während dieselbe jungen Leuten von 14—18 Jahren
ausnahmsweise durch den Bundesrath gestattet werden kann.
2) Was sodann die Sonntagsarbeit der Industriearbeiter überhaupt betrifft,
so hat zuerst die Preußische provisorische Verordnung mit Gesetzeskraft vom 9. Febr.
1849 (sog. Heydtsche Novelle) in § 49 Abs. 2 den Satz aufgestellt: „Zum Arbeiten
an Sonn= und Festtagen ist, vorbehaltlich der anderweitigen Vereinbarung in
v. Holtzendorff, Enc. II. Rechtslexikon III. 3. Aufl. 45