Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Erste Hälfte. Pachmann - Stöckhardt. (2.3.1)

Sortimentsbuchhandel. 709 
präsidenten mit Zustimmung des Provinzialraths unterm 20. März 1879 erlassen 
worden ist (Merseburger Amtsbl. S. 199 ff.), verbietet zunächst sowol die öffent- 
lichen und öffentlich bemerkbaren gewerblichen Arbeiten, als auch alle geräuschvollen 
derartigen Arbeiten innerhalb der Häuser und Betriebsstätten, also insbesondere die 
Feld= und Forstarbeiten, das Treiben von Bieh mit Ausnahme des Weideviehs, 
das Auf= und Abladen von Frachtfuhrwerken, insbesondere auf den öffentlichen Straßen, 
den Betrieb derjenigen Handwerksarbeiten, welche mit besonderem Geräusch verbunden 
sind (Klempner, Schmiede, Schlosser, Arbeiten von Bauausführungen aller Art, die 
Fortsetzung des Betriebes, ferner geräuschvolle Reparaturarbeiten in den Fabriken, endlich 
außergewöhnlich geräuschvollen Straßenverkehr (Rollwagen, Wagen mit leeren Fässern, 
mit Eisenstangen); indessen sind die Ortspolizeibehörden ermächtigt, in gewissen 
Fällen zu dispensiren, während in Nothfällen eine solche Dispensation nicht einmal 
nothwendig ist. Außerdem unterliegt der öffentliche Handelsverkehr gewissen Be- 
schränkungen, die sich theils auf den ganzen Tag, theils nur auf die Zeit des 
Gottesdiensts beziehen. Daran schließen sich Verbote über die Auszahlung des 
Lohns an Tagearbeiter und Handwerker, über Versammlungen, über Konzerte, über 
Jagden. 
Hinsichtlich der Strafsanktionen besteht insofern ein Dualismus, als sich dieselben 
theils nach den für die Verletzung von Polizeistrafverordnungen bestehenden Vor- 
schriften, theils nach anderen Landes= resp. reichsgesetzlichen Normen bestimmen. Im 
Anschluß an das Preuß. Straf GB. § 340 Nr. 8 hat insbesondere das Rtraf G. 
§ 366 Nr. 1 Geldstrafe bis 60 Mark oder Haft bis 14 Tagen Demjenigen an- 
gedroht, der den gegen die Störung der Feier der Sonn= und Festtage erlassenen 
Anordnungen zuwiderhandelt. Der Schutz des Rötraf G. bezieht sich mithin nur 
auf solche Anordnungen, welche eine Störung der Sonntagsfeier verbieten, die jeden- 
falls weiter greift, als eine Störung des Gottesdiensts, wie es denn auch für die 
Bestrafung blos darauf ankommt, daß solchen Anordnungen zuwidergehandelt ist, 
während es gleichgültig ist, ob eine Störung in concreto wirklich stattgefunden 
habe. Dieser Dualismus ist nun aber für Preußen wenigstens insofern beseitigt, 
als das Organisationsgesetz vom 26. Juli 1880 § 73 den Oberpräsidenten, welche 
in den letzteren Jahren solche Verordnungen vorzugsweise erlassen haben, ein Straf- 
maximum von 60 Mark gleichfalls beigelegt hat; es wird deshalb insoweit fernerhin 
ohne Interesse sein, in gerichtlichen Erkenntnissen die ohnehin schwierige Frage zu 
erörtern, ob eine Verordnung sich innerhalb des Rahmens des § 366 Nr. 1 des 
RStraf GB. gehalten habe. 
Lit.: Silberschlag, Die Gesetze Deutschlands über Sonntagsfeier u. s. w., in Tüb. 
Seitschr. 1880, S. 125 ff. — Ueber England: Gneist, Selfgovernment, 3. Aufl. 1871, 
. 248. — Annuaire de Llégisl. 1875, S. 9. — Ueber die Vereinigten Staaten: Rütti- 
mann, Kirche und Staat in Nordamerika, Zürich 1871, S. 38 ff. — Ueber die Stellung der 
Kirche: Jacobson, Das evangel. Kirchenrecht des Preuß. Staates, Halle 1866, S. 467 ff. — 
Vogt, Kirchen= und Eherecht, Berlin 1857, S. 60 ff. — Gutachten des Evangel. Oberkirchen- 
raths v. 26. Sept. 1880 über die Heilighaltung der Sonn= und Festtage. (Aktenst. I. 62.) — 
Cirk.-Verf. d. des Evangl. Oberkirchenraths, betr. die Sonntagsruhe und Sonntagsheiligung, 
v. 7. März 1877, nebst Denkschrift über die Sonntagsfrage (Kirchl. Gesetz= u. Verordnungs- 
blatt, Jahrg. I, 1876/77, S. 85 ff.). Ernst Meier. 
Sortimentsbuchhandel ist derjenige Zweig des Buchhandels, welcher sich 
mit dem Vertriebe der vom Verleger (s. d. Art. Verlagsbuchhandel) ge- 
lieferten buchhändlerischen Artikel befaßt. Sein Gebiet ist also der eigentlich kauf- 
männische Theil des buchhändlerischen Betriebes. Die Grundsätze vom Waaren- 
handel sind indessen bei der eigenthümlichen Natur der buchhändlerischen Waare auf 
den S. nicht schlechthin anwendbar. Im Zusammenhang mit einer bewunderungs- 
würdigen Organisation des Deutschen Buchhandels, für dessen gemeinsame 
Interessen der seit 1838 als anerkannte Korporation bestehende Börsenverein 
der Deutschen Buchhändler den Mitttelpunkt bildet, haben sich bestimmte
	        
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