Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Erste Hälfte. Pachmann - Stöckhardt. (2.3.1)

710 Sortimentsbuchhandel. 
Geschäftsformen für den Verkehr zwischen den Verlegern bzw. deren Manda- 
taren, den sog. „Kommissionären“"“, und den Sortimentsbuchhändlern ent- 
wickelt, deren rechtliche Natur gleichwol keineswegs unzweifelhaft ist. Die Gesetz- 
gebung hat sich jedoch hiermit bisher fast gar nicht beschäftigt. Das Allg. Deutsche 
G. beschränkt sich auf die Bestimmung, daß (die Verlagsgeschäfte, sowie) die 
sonstigen Geschäfte des Buch= und Kunsthandels, wenn sie gewerbemäßig betrieben 
werden, Handelsgeschäfte seien. Ebenso fehlt es an umfassenden wissenschaft- 
lichen Bearbeitungen. Die in einigen Buchhändlerkonventionen und in Privatarbeiten. 
bzw. Usanzensammlungen enthaltenen Rechtsgrundsätze sind weder erschöpfend, noch 
allgemein anerkannt. Wird einer Sortimentsbuchhandlung ein Werk „auf feste 
Rechnung“ (fest“) oder „gegen baar“ (gegen Nachnahme des Betrags) geliefert, so 
sind die Verhältnisse freilich vom Waarenhandel juristisch nicht verschieden. Der 
Verleger verkauft an den Sortimentsbuchhändler, und dieser an das Publikum. 
Insbesondere ist das Verhältniß von Subskribenten auf Sammelwerke zum Sorti- 
mentshändler kein anderes als zum Verleger. Das Abonnement auf Zeitschriften 
rc. fällt unter den „Lieferungskauf“; der Zeitschriftendebit der Postan- 
stalten erscheint als Verbindung von Frachtgeschäften mit Mandatsgeschäften nach 
Art der buchhändlerischen Kommissionsgeschäfte sso das ROH-.). — Die Zweifel 
im Gebiet des S. beziehen sich auf die bestellte oder unbestellte Ueber- 
sendung von Novitäten (pro novitate) oder auf Rücksendung (#à con- 
dition), wobei zu bemerken ist, daß jede Bestellung, welche nicht ausdrücklich 
à condition gemacht wird, als feste gilt. Nach altem Geschäftsgebrauche nämlich 
werden neu erschienene Verlagsartikel entweder auf Bestellung (durch sog. „Ver- 
langzettel“ oder Ausfüllung der von den Verlegern eingesandten „Wahlzettel“) 
oder auf generelles Anerbieten der Annahme oder auch ohne dieses den Sortiments- 
buchhändlern durch Vermittelung der an den Hauptstapelplätzen des Deutschen Buchhandels 
(Leipzig, wo auch eine „Deutsche Buchhändlerbörse“ besteht, in zweiter Linie Stuttgart, 
auch Berlin) domizilirten „Kommissionäre“ zum Weiterverkauf übersandt. Die Abrechnung 
über die in Jahresrechnung (v. 1. Januar bis 31. Dezember) empfangenen Bücher erfolgt in 
der nächsten Ostermesse (als letzter Zahltag gilt der Mittwoch vor dem Himmel- 
fahrtsfest), und zwar entweder persönlich oder durch Vermittelung der Kommissionäre 
(welche im Auftrage, für Rechnung und im Namen ihrer Kommittenten handeln, 
also nicht „Kommissionsgeschäfte“ im Sinne der Art. 360 ff. des HG#. betreiben). 
Der Sortimentsbuchhändler hat alsdann für alle diejenigen im vergangenen 
Kalenderjahre empfangenen Artikel Zahlung zu leisten, die er nicht etwa (soweit er 
sie à condition empfangen) zurückschickt („remittirt“) hat, oder deren Zurückbehal- 
tung zu weiterem Vertriebe („Disposition“; die Artikel selbst figuriren als 
„Disponenda“) ihm nicht vom Verleger ausnahmsweise und bis auf Widerruf ge- 
stattet worden ist, was häufig bei spät versandten Novitäten geschieht. Der Ge- 
winn des Sortimentshändlers beim Weiterverkauf besteht in dem vom Verleger (in 
der Regel in der Höhe von 25 Prozent) bewilligten Rabatt, für welchen er die 
Kosten der Versendung und Rücksendung (von dem Wohnsitze des Kommissionärs 
bis zu dem des Sortimentsbuchhändlers und umgekehrt) zu tragen hat. Den 
Ladenpreis darf er beim Weiterverkauf nicht überschreiten. Die Hauptfragen 
sind nun: Als wessen Eigenthum und auf wessen Gefahr lagern Disponenden, 
Novitäten und andere à condition-Sendungen des laufenden Jahres in den Sorti- 
mentshandlungen? Zur Beantwortung werden die verschiedensten juristischen Kon- 
struktionen unternommen. Bald legt man ein Kommissionsgeschäft (v. Gerber) 
oder ein Mandat (Hillebrand, Gengler), bald Kauf unter Resolutivbe- 
dingung (Bericht des Buchhändlers Liesching an den Börfenverein — 1844 —; 
Schürmann) oder Suspensivbedingung (Hecht) unter oder greift auf den 
römisch-rechtlichen „Innominatvertrag“ zurück (O. v. Wächter). Am meisten Aehn- 
lichkeit hat das Geschäft unverkennbar mit dem Trödelvertrage (contractus aesti-
	        
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