Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Erste Hälfte. Pachmann - Stöckhardt. (2.3.1)

714 Speditionsgeschäft. 
Gruchot, Beitr., II. S. 426, VI. S. 403, XlI. S. 323, 840. — Förster, Th. und Pr. des 
Preuß. Priv.R., 3. Aufl., II. S. 21, III. S. 244. — C. F. Koch, Allg LR., 5. Aus. II. S. 299. 
Koch. 
Speditionsgeschäft (Thl. I. S. 541) ist die gewerbemäßige Uebernahme 
und Ausführung eines Auftrages zur Besorgung der Versendung von Gütern. 
Die wirthschaftliche und juristische Ausbildung desselben ist eine Folge der fort- 
schreitenden Arbeitstheilung im Handel. Das S. ist Handelsgeschäft, auch 
wenn der Auftrag von einem Nichtkaufmann ertheilt ist (Goldschmidt, Endemann; 
anderer Ansicht Gareis). Der Spediteur — im Sinne des Allg. Deutschen 
HG#B. also selbst „Kaufmann“ — erspart dem Versender die Auswahl 
geeigneter Transportmittel, zumal wo während des Transports ein Wechsel 
derselben erforderlich ist, sowie den ganzen persönlichen Verkehr mit den Transport- 
anstalten und übernimmt gleichzeitig eine mannigfaltige, zum Zwecke des Transports 
und durch denselben benöthigte Fürsorge für die Waaren. Insoweit er 
dritten Personen, obschon für fremde Rechnung handelnd, doch in eigenem 
Namen gegenübertritt, also die Frachtverträge rc. weder blos (als Frachtmäkler 2c.) 
vermittelt, noch in äußerlich erkennbarer Weise als Bevollmäch- 
tigter abschließt, hat er die rechtliche Stellung des Kommissionärs (.. d. Art. 
Kommissionsgeschäft). Dieser Gesichtspunkt beherrscht die juristische Gestaltung 
des S. im HGB. wie im Code de comm. Die herrschende Lehre (Goldschmidt, 
Grünhut 2c.) bezeichnet das S. daher geradezu als eine Unterart des Kommissions- 
geschäfts, während Andere (Endemann, Gareis te.) die Seite der Dienstleistung 
(„Arbeitsgeschäft") hervorheben. Indessen sind auch manche vorkommende Modi- 
fikationen des S. gesetzlich anerkannt, welche dasselbe aus einer Unterart des Kom- 
missionsgeschäfts mehr oder weniger in eine eigene Transportunternehmung über- 
gehen lassen. Insbesondere kann der Spediteur — ebenso wie der Kommissionär 
als Selbstkontrahent eintreten darf — nach dem HG#B. in Ermangelung ab- 
weichender Vereinbarung den Transport der Güter selbst ausführen und gilt 
dann zugleich als Frachtführer (sog. Verlader). — Hinsichtlich des Ab- 
schlusses des Vertrages gelten keine Besonderheiten. Als Handelzsgeschäft 
bedarf er keinesfalls der Schriftform, obschon schriftliche Aufträge (Speditionsbriefe, 
Avisbriefe) häufig sind. Der Auftrag kann von dem Versender oder von dem 
Empfänger (Destinatär) oder auch von beiden ausgehen. — Die kontroverse 
Frage wegen der Haftung des Spediteurs, insbesondere für die von ihm ausgewählten 
Mittelspersonen (Fuhrleute, Schiffer, Zwischenspediteure — f. 
diese Art.), ist vom SGB. im Sinne des milderen, bereits im größten Theil 
von Deutschland geltenden Systems dahin entschieden, daß er nur für die Ver- 
nachlässigung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns, infonderheit 
bei der Wahl der Mittelspersonen einsteht. Das strengere System gilt in 
Frankreich: der Transportkommissionär ist unbedingter Garant der Ankunft der 
Waare (vis maior ausgenommen) und haftet namentlich für die Handlungen des 
Zwischenkommissionärs. Ein mittleres System befolgt das Holländische Recht. — 
Die Verpflichtungen des Spediteurs äußern sich bereits bei der Empfang-= 
nahme des Speditionsguts. Die frühere Streitfrage, wieweit sich die Prüfung 
und Feststellung des Zustandes der Waare zu erstrecken habe, beantwortet sich gemäß 
dem H#. nach den Grundsätzen vom Kommissionsgeschäft, welche überhaupt subsidiär 
für anwendbar erklärt sind, mithin im Sinne derjenigen, welche jene Pflicht auf 
äußerlich erkennbare Mängel beschränken (Pöhls, Heineken rtc.). Die 
gleiche Sorgfalt prästirt der Spediteur bei der ihm obliegenden Aufbewahrung 
des Guts. Zur Versicherung ist er zwar (für Rechnung des Kommittenten) be- 
rechtigt (wie wenigstens die Preußische Praxis annimmt), aber in Ermangelung be- 
sonderen Auftrags nicht verpflichtet. Seine Hauptleistung ist die Auswahl 
der Frachtführer und, wo eine direkte Expedition nicht räthlich, der Zwischen-
	        
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