716 Speditionsgeschaͤst.
HGB. dem Spediteur neben dem gewöhnlichen kaufmännnischen Retentionsrecht
(wenn dessen Voraussetzungen vorliegen) ein wahres gesetzliches Pfandrecht an
dem Gute, sofern er letzteres noch in seinem Gewahrsam hat oder in der Lage ist,
darüber zu verfügen. Dasselbe besteht mit voller Wirkung auch im Konkurse und
überhaupt gegenüber anderen Gläubigern des Schuldners. Bei Verzug des Kom-
mittenten kann sich der Spediteur selbst aus dem Pfande bezahlt machen. Das
Verfahren richtet sich nach den Vorschriften, welche für das schriftlich bestellte kauf-
männische Faustpfand gelten. Das Pfandrecht wegen der durch Versendung oder
Transport entstandenen Forderungen geht allen übrigen gesetzlichen Pfandrechten,
auch dem wegen Vorschußforderungen des Spediteurs vor, und zwar hat das jüngere
den Vorzug vor dem älteren (salvam fecit totius pignoris causam"). Aufs die
Wissenschaft des Vorgehenden von dem älteren Pfandrechte kommt es bei dieser
Rangordnung nicht an, während im Uebrigen der Grundsatz „Hand wahre Hand“
gegenüber dem Eigenthümer, wie älteren Pfandgläubigern durchgeführt ist (auch
nach Franz. und Engl. Recht). Wegen anderer Forderungen des Spediteurs kann
ein kaufmännisches Retentionsrecht begründet sein. Inwiefern dieses auch
gegenüber der Rückforderungsklage des Kommittenten (actio mandati) oder dem auch
in die K O. des Deutschen Reichs aufggenommenen Verfolgungsrecht des unbezahlten
Absenders (stoppage in transitu, droit de suite) wirksam werden kann, ist streitig. Nach
der herrschenden Ansicht (Oberappellationsgericht Lübeck, Voigt, Englische Praxis 2c.)
steht dasselbe weder dem einen, noch dem anderen entgegen. Ebenso das ROHG. bezüglich
des Verfolgungsrechts. Der actio mandati gegenüber erklärt derselbe Gerichtshof mit Recht
das Retentionsrecht des Spediteurs für durchgreifend. Ebenso Grünhut, Franck u. A.
Goldschmidt, aus der Natur des Retentionsrechts als „eines wahren, wenngleich in
der Rechtsverfolgung beschränkten Pfandrechts“ argumentirend, unterscheidet, ob das
Eigenthum bereits auf den Destinatär übergegangen ist, und läßt das
Retentionsrecht in diesem Falle durchgreifen (ähnlich auch v. Hahn, Wolff u. A.);
jedoch erfordert er dem unbezahlten Absender gegenüber noch guten Glauben des
Spediteurs. Hinsichtlich des Verfolgungsrechts lassen sich wol allgemeine Grundsätze
nicht aufstellen; es kommt stets auf dessen (in den Gesetzen sehr verschieden bestimmte)
juristische Natur an. In der Deutschen K O. hat man absichtlich die Rechtsverhält-
nisse Dritter in Bezug auf die dem Aussonderungsanspruch des § 86 unterliegenden
Waaren unberührt gelassen. Wie gegenüber dem Gemeinschuldner, so findet das Ver-
folgungsrecht auch gegen Pfandgläubiger und Andere statt, welche ihre Ansprüche auf das
Eigenthum des Ersteren gründen. — Den Erwerb dinglicher Rechte, welche nicht
sowol der Ausführung als der Revokation oder Aenderung des Mandats zuwiderlaufen,
zu unterlassen, ist der Spediteur nicht verpflichtet. Der Nachweis eines solchen kann
denselben daher von der Kontraktsklage seines Kommittenten befreien, wenn
der Erwerb nicht mala fide zur Vereitelung der Contreordre gemacht ist. — Wann
im Falle der Versendung durch Spediteure die Uebergabe an den Empfänger als
vollzogen gelte, ist im HGB. nicht bestimmt worden. Nach Preuß. Recht (ähnlich
auch das Oesterr. und Sächs. BGB.) ist der Zeitpunkt der Uebergabe an den
Spediteur entscheidend, wenn die Uebermachung entweder nach der Anweisung
des Käufers geschehen, oder von diesem die Art derselben dem Gutbefinden des Ver-
käufers ausdrücklich oder stillschweigend überlassen worden ist. Nach Gem. Recht ist
daran festzuhalten, daß der Auftrag zur Besforgung des Transports noch nicht den
Auftrag in sich schließt, für den Adressaten Besitz zu ergreifen. Die Zwischenperson
für den Transport als solche ist nicht Vertreter, weder des Versenders für die
Besitzübertragung, noch des Adressaten für den Besitzerwerb. Hierin ändert es auch
nichts, wenn die Zwischenperson vom Adressaten auftgegeben oder bezeichnet oder
vom Versender angewiesen ist, die Waare auf Rechnung und Gefahr des Absenders
zu befördern oder zu dessen Verfügung zu halten oder zu stellen, oder dem Adressaten
angezeigt hat, daß sie die Waare zu dessen Verfügung halte. Bezüglich des Ueber-