Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Erste Hälfte. Pachmann - Stöckhardt. (2.3.1)

Städtereinigung. 769 
wird. Diese Senk= oder Schlinggruben („puits absorbants“) können bei sehr durch- 
lässigem Boden und bei tiefem, einiger Strömung unterworfenem Grundwasser wol 
eine befriedigende Entfernung und Unschädlichmachung der Schmutzstoffe leisten, wenn 
letztere in verhältnißmäßig geringer Menge den tieferen Bodenschichten überantwortet 
werden und wenn man an das dadurch verunreinigte Grundwasser keinerlei Anspruch 
einer Verwendung als Genußwasser erhebt. Entnimmt man dagegen mittels 
Brunnen einem solchen städtischen Grundwasser den Bedarf an Trink= und Kochwasser, 
wie es bis zur Anlage der neueren städtischen Wasserwerke in den meisten auch größeren 
Städten geschah, so läuft die Bevölkerung Gefahr, ihre eigenen exkrementiellen Aus- 
wurfstoffe in theilweise noch unzersetztem Zustande und mit ihnen vielleicht die Keime 
infektiöser Krankheiten zu genießen. Sobald daher das Grundwasser als Wasser- 
bezugsquelle benutzt werden soll, oder sobald die Senkgruben nicht in eine solche 
Tiefe geführt werden können, daß die Erdoberfläche vor Ausströmung der Zersetzungs- 
dünste gesichert bleibt, bilden solche Anlagen in Städten eine Quelle öffentlicher 
Gesundheitsgefährdung, deren Bedeutung mit der Dichtigkeit der Bevölkerung und 
mit dem Wachsthum des Stadtumfanges zunehmen muß. Zieht man hierzu die 
erfahrungsgemäße Thatsache in Betracht, daß nur an wenigen Orten der Boden eine 
so hochgradige und dauernde Durchlässigkeit darbietet, daß nicht nach fortgesetzter 
Einlassung fäkaler Massen in denselben eine allmähliche Verkittung und Undurchlässig- 
keit der ursprünglich lockeren Geröllschichten entstehen, so muß auch, abgesehen von 
der Trinkwasserfrage, das System der Senkgruben als ein für städtische 
Wohnungen überall bedenkliches und an den meisten Orten absolut 
unzulässiges Verfahren bezeichnet werden. Für landwirthschaftliche Zwecke 
sind bei dieser Einrichtung die städtischen Düngstoffe so gut wie ganz verloren. 
2) Die Ansammlung in wasserdichten Gruben oder Behältern 
mit regelmäßiger Entleerung bietet den Vortheil einer vollkommenen Ver- 
werthbarkeit der Düngstoffe, aber den sanitären Nachtheil eines permanenten Herdes 
fauliger Gährung, dessen unmittelbare Nachbarschaft bei den Wohn= und Schlaf- 
räumen zur Gefahr werden kann, sobald die Entleerung des Behälters nicht mit 
größter Regelmäßigkeit und Häufigkeit geschieht. Außerdem ist erfahrungsgemäß die 
Herstellung dauernd wasserdichter gemauerter Grubenbehälter unmöglich, so daß die 
Gefahr oberflächlicher Bodenverjauchung dabei stets bestehen bleibt. 
Für die Entleerung solcher Sammelbehälter in Städten hat die neuere 
Technik Einrichtungen geschaffen, welche eine möglichst korrekte Ausführung dieser 
Operation mit größerer Sicherheit und öffentlicher Kontrole gewährleisten, als dies 
ehedem der Fall war. Namentlich leistet die pneumatische Entleerung mittels luft- 
verdünnter Räume, die mit dem zu entleerenden Behälter in luftdichte Verbindung 
gesetzt werden (Liernur's System in Dortrecht, Leiden, Amsterdam), in dieser Hinsicht 
gute Dienste. Es bleibt aber dann die Sorge für rasche Weiterbeförderung der aus 
den Häusern zunächst nach einem centralen Sammelbassin entleerten Stoffe vor 
ihrem Uebergange in Fäulniß aus dem Bereiche der Stadtluft heraus, damit nicht 
neue bedenkliche Centralherde der Luftverunreinigung in der Nähe menschlicher Woh- 
nungen geschaffen werden. Diese letztere Aufgabe erwächst auch bei 
3) Der Ansammlung und Abfuhr in beweglichen Tonnen oder 
Kasten („fosses mobiles“ zu Paris), welche mittels eigens konstruirter Wagen in 
regelmäßigen Zwischenräumen, am besten allnächtlich, gewechselt und entleert werden. 
Bei dichter Konstruktion und strenger Aufsicht bietet dies Verfahren große Vorzüge 
und gewährt namentlich die denkbar sicherste Gewähr gegen jede Boden- 
verunreinigung. Dabei giebt auch ein weiterer Transport solcher hermetisch ge- 
schlossener Behälter bis zu den schließlichen Bestimmungsorten, wo sie einer direkten 
landwirthschaftlichen Verwerthung oder zunächst der Düngerfabrikation dienen, zu keinerlei 
Uebelständen Anlaß. Die schwache Seite dieses in manchen Deutschen Städten (Heidel- 
berg, Graz u. a.) mit gutem sanitären Erfolge durchgeführten Verfahrens liegt in 
v. Holtzendorff, Enc. II. Rechtslexikon III. 3. Aufl. 49
	        
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