Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Erste Hälfte. Pachmann - Stöckhardt. (2.3.1)

792 Steuerverweigerung. 
Zölle und indirekte Steuern als die Zoll= und Steuerdirektionen, welche dem Finanz- 
ministerium, ebenso, wie die Regierungen als die Organe für die Erhebung der 
direkten Steuern, unmittelbar untergeordnet sind (s. das Nähere im Artikel Zoll- 
verwaltung). In Preußen werden die Stempel durch die Organe der indirekten 
Steuerverwaltung verwaltet resp. verkauft, von den Stempelfiskalen der Provinzial- 
steuerdirektionen aber kontrolirt und bei den betreffenden Behörden geprüft. Die 
Erbschaftssteuern werden von besonderen Erbschaftssteuerämtern unter der Leitung von 
Stempelfiskalen festgesetzt und von den Hauptsteuerämtern erhoben und vermehrt. 
In Bayern werden Stempel, Taxen, Erbschaftssteuer und Gebühren von den 
Rentämtern verkauft, bzw. erhoben und verrechnet. Die Wechselstempel werden in 
ganz Deutschland durch die Postbehörden verkauft. 
Das gesetzliche Recht der Steuerverwaltung zur exekutorischen Eintreibung der 
Steuern, zur Untersuchung und Entscheidung der Untersuchungen wegen Uebertretungen 
gegen die Steuergesetze ist durch die I§ 5 und 6 des E. zur StrafP O. für das 
Deutsche Reich vom 1. Febr. 1877 garantirt. Die richterliche Entscheidung kann 
außerdem vom Angeschuldigten unter gewissen Voraussetzungen angerufen werden. 
Das Verfahren ist durch §§ 459—469 der StrafP O. näher geregelt. 
Bezüglich der Frage, ob und in welcher Höhe eine Steuer zu entrichten sei, 
entscheiden die Bestimmungen der einzelnen Steuergesetze. Diese Frage wird aber 
in der Regel von der Verwaltung entschieden, wie es in den Gesetzen besonders be- 
stimmt ist. Bei den direkten Steuern entscheiden öfters besonders hierzu bestimmte 
Kommissionen. Der Rechtsweg ist in der Regel bei Feststellung der Steuern aus- 
geschlossen. 
Schriften: Gaupp, Die Preuß. Stempelgesetzgebung. Kommentar für den praktischen 
Gebrauch, Berlin u. Leipzig 1881. — Kletke, Literatur über das Finanzwesen des Deutschen 
Reiches, Berlin 1876, enthält eine genaue Uebersicht aller einschlägigen Schriften und genaue 
Angabe aller OQuellen. — Frhr. v. Stengel, Das Gebührenwesen des Deutschen Reiches und 
Königr. Bayern, Nördlingen 1880. v. Auffeß. 
Steuerverweigerung. Die S. — eine der bestrittensten Fragen des kon- 
stitutionellen Staatsrechts nächst der Ministerverantwortlichkeit — setzt eine Kette 
von Vorfragen voraus, auf deren Verschiedenheit aller Streit beruht. 
Es gab eine Zeit, in welcher die Germanische Volksanschauung sich alle Be- 
steuerung nur als ein Verhältniß von Herren und Krechten, nicht als ein Recht der 
Obrigkeit gegen den freien Mann zu denken vermochte. Auch nach den Eroberungen 
hielt der Germane den Gedanken der freiwilligen Gabe (donum) an seine Häupt- 
linge fest. Auch die Karolingischen Verfassungen, welche sonst die Grundlage aller 
staatsrechtlichen Verhältnisse der Europäischen Kulturwelt geworden sind, enthalten 
noch kein Steuersystem (vgl. d. Art. Steuerpflicht). 
Erst im 15. Jahrhundert entstehen in der Noth der Hussitenkriege die ersten 
Reichssteuern und ungefähr gleichzeitig damit entwickelt sich ein System der Landes- 
steuern, welche unter zahlreichen Varianten folgende gemeinsame Grundzüge dar- 
bieten: 
1) Diese Bewilligungen gelten als außerordentliche, vorübergehende 
Aushülfen (Subsidien), welche womöglich nicht wiederkehren sollen; sie sind daher 
Gegenstand völlig freier Bewilligung oder Verweigerung. Nur die Beiträge zum 
Reichskammergericht werden von den Reichsständen als dauernde Steuern bewilligt; 
in vielen Territorien entstehen durch Vertrag oder Herkommen „nothwendige Steuern“, 
und nach dem dreißigjährigen Krieg kommt der Grundsatz zur Geltung, daß im Fall 
die Landstände die für die laufende Landesverwaltung nothwendigen Beihülfen ver- 
weigern, ihr Konsens durch das Reichskammergericht „supplirt“ werden könne. 
2) Da die besitzenden Klassen in der sog. Feudalperiode die ordentlichen Lasten 
des Heerbanns, des Gerichts und der Friedensbewahrung als dauernde Lasten des 
Grundbesitzes übernommen haben und durch „Verdinglichung“ der Karolingischen
	        
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