Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Erste Hälfte. Pachmann - Stöckhardt. (2.3.1)

76 Polizeistrafversfahren. 
vgl. Württemberg sa) Art. 20 und 211, Baden [b) § 17), Mecklen burg 
la) §§ 28—30], Hamburg (§ 8). 
III. Der nothwendige Inhalt der Strafverfügung ist reichsgesetzlich vorgeschrieben. 
Es gehört dazu: 1) die Festsetzung der Strafe, 2) die Bezeichnung des angewendeten 
Strafgesetzes, 3) die Angabe der Beweismittel, 4) die Eröffnung, daß der Beschuldigte, 
sofern er nicht eine nach den Gesetzen zugelassene Beschwerde ergreife, gegen die Straf- 
verfügung binnen einer Woche nach der Bekanntmachung bei der Polizeibehörde, 
welche diese Verfügung erlassen hat, oder bei dem zuständigen Amtsgericht auf ge- 
richtliche Entscheidung antragen könne. Außerdem versteht es sich von selbst, daß 
die Strafverfügung datirt und von der betreffenden Behörde unterzeichnet sein muß. 
Landesgesetzlich sind häufig noch weitere Bestimmungen getroffen. a) Wo eine 
Beschwerde zulässig ist, muß auf die gegenseitige Ausschließlichkeit der beiden Rechts- 
mittel aufmerksam gemacht werden. b) In Preußen, Sachsen, Weimar, 
Meiningen, Altenburg, Koburg-Gotha, Anhalt, Schwarzburg= 
Rudolstadt, Reuß soll die Verfügung einen Hinweis auf den Eintritt der Voll- 
streckbarkeit und bei Geldstrafen die Angabe der Kasse, an welche, und binnen welcher 
Frist zu zahlen sei, enthalten. Häufig ist landesgesetzlich auch die Angabe der Kosten 
bzw. der baaren Auslagen vorgeschrieben, wenn das Verfahren selbst kostenfrei ist. 
Das bei Erlaß der Strafverfügung zu beobachtende Verfahren ist nur landes- 
gesetzlich und natürlich nicht einheitlich geordnet. Allgemein ist nur die Rücksicht- 
nahme auf thunliche Beschleunigung, ohne welche dasselbe seinen Zweck verfehlen 
würde. Das wäre aber auch dann der Fall, wenn die Straffestsetzungen nicht den 
wirklich Schuldigen träfen oder die Strafe in einem Mißverhältniß zu der betreffen- 
den Handlung stünde. Es muß also auf der einen Seite das Verfahren möglichst 
abgekürzt, auf der andern die Feststellung des Thatbestandes in genügender Weise 
vorgenommen werden. Dabei bedarf nun die Polizeibehörde nicht eines wirklichen 
Beweises der Schuld, sondern kann sich damit begnügen, daß dieselbe wahrscheinlich 
gemacht ist (vgl. z. B. Preußen la) § 61). Die Unterwerfung unter die Strafffest- 
setzung ist der beste Beweis, daß dieselbe das Richtige getroffen, und dem Unschuldigen 
oder dem durch die Strafe Beschwerten steht ja die Anrufung der richterlichen Ent- 
scheidung frei. Es ist aus diesen Gründen in der Regel auch eine mündliche Ver- 
handlung mit dem Beschuldigten zwar nicht untersagt, aber auch nicht vorgeschrieben. 
worden. Häufig sind der Polizeibehörde behufs Vorbereitung der Strafverfügung 
dieselben Befugnisse eingeräumt worden, wie der Staatsanwaltschaft durch § 159 der 
Straf# O. So z. B. in Württemberg (a) Art. 18] und Baden lsa) § 1261. 
Anwendung von Zwangsmaßregeln wird dabei nur insoweit statthaft sein als die 
Landesgesetzgebung sie ausdrücklich zuläßt. Sie dürften schon deswegen wenig em- 
pfehlenswerth sein, weil sie Weiterungen veranlaßten, die mit der dem Polizeiver- 
fahren wesentlichen Beschleunigung nicht in Einklang ständen. In Württemberg 
lb) § 12, Abs. 2. sind gegen ausbleibende Zeugen Ordnungsstrafen zulässig. 
Mecklenburg sa) § 15)] verlangt eine Verhandlung mit dem Beschuldigten, zu 
welcher derselbe vorgeladen und, wenn er sich in dem Bezirke der betreffenden Polizei- 
behörde befindet, auch vorgeführt werden kann. Nach § 16 können auch Zeugen, 
die jedoch nicht zu vereidigen sind (§ 20; so bezüglich des Verbotes der Zeugenver- 
eidigung beinahe alle Landesgesetze), vorgeladen und nöthigenfalls gegen sie die in 
der Straf PO. vorgeschriebenen Zwangsmaßregeln auf Ersuchen der Polizeibehörde 
durch den Amtsrichter verhängt werden. In Bremen sind ohne mündliche Ver- 
handlung nur Geldstrafen zulässig und jedenfalls kann der Beschuldigte, unbeschadet 
des Antrags auf gerichtliche Entscheidung, eine wiederholte polizeiliche Verhandlung 
beantragen (§ 95). Bezüglich der Zeugenvorladung vgl. § 103. In Hamburg 
können Zeugen unter Androhung einer Strafe bis zu 30 Mark vorgeladen, und 
gegen die Ausbleibenden durch Vermittlung des Amtsrichters die prozessualen Zwangs- 
mittel angewendet werden. 
 
	        
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