Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Erste Hälfte. Pachmann - Stöckhardt. (2.3.1)

78 Polizeistrafverfahren. 
unbenutzt verstrichen ist und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht zulässig 
erscheint, oder die ergriffene Beschwerde (wo dieselbe zulässig) verworfen wurde; 
2) wenn der Beschuldigte den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgezogen 
(vgl. § 456, Abs. 2 der Straf P O.) bzw. auf die erhobene Beschwerde verzichtet 
hat (ausdrücklich hervorgehoben in Württemberg a) Art. 22 Nr. 3). Braun- 
schweig (§ 14, Abschn. 2) schreibt eine Vollstreckbarerklärung durch den Amts- 
richter vor. Auch die z. B. in Sachsen (b) § 41, Württemberg (a) Art. 221, 
gegebene Bestimmung, vgl. Preußen lb) § 221, daß ausdrückliche Unterwerfung 
die Verfügung vollstreckbar mache, verstößt nicht gegen das Reichsgesetz. Wenn auch 
ein solcher Verzicht auf richterliche Entscheidung in der StrafP O. nicht erwähnt ist, 
so liegt doch kein Grund vor, warum ein ausdrücklicher Verzicht weniger wirksam 
sein sollte, als ein stillschweigender durch Verstreichenlassen der Antragsfrist. Bezüg- 
lich der Einlegung von Rechtsmitteln ist ein solcher in § 344 der StrasP O. aus- 
drücklich zugelassen, und wenn man diesen Paragraph auch nicht direkt anwenden 
kann, weil der Antrag auf gerichtliche Entscheidung kein Rechtsmittel im Sinne der 
StrasP O. ist, so wird man doch daraus entnehmen können, daß die StrafP1 O. die 
Abkürzung einer Frist durch ausdrücklichen Verzicht nicht prinzipiell verwirft? Für 
die Zulässigkeit sprechen sich aus: Löwe, S. 883 Nr. 5; Keller, S. 490 Nr. 10; 
Puchelt, S. 768 Nr. 8; Voitus, S. 405 ff.; dagegen Meves, S. 418, weil 
die Zulässigkeit eines solchen unwiderruflichen Verzichtes vom Gesetzgeber ebenso be- 
züglich der Strafverfügung hätte hervorgehoben werden müssen, wie das beim amts- 
richterlichen Strafbefehl in § 449, Abs. 2 der StrafP O. geschehen sei. Man 
wird mindestens ebensogut den entgegengesetzten Schluß machen können. Weil die 
StrafPl# O. beim amtsrichterlichen Strafbefehl, wo sie den Eintritt der Vollstreckbar- 
keit erwähnt, den Verzicht auf Erhebung des Einspruchs zugelassen hat, würde das 
bezüglich des Antrags auf gerichtliche Entscheidung ebenfalls geschehen sein, wenn 
nicht die Bestimmung darüber, zugleich mit denen über den Eintritt der Vollstreck- 
barkeit bei der Strafverfügung, der Landesgesetzgebung hätte überlassen bleiben sollen. — 
Die Vollstreckung erfolgt regelmäßig durch die Polizeibehörde im Verwaltungswege; 
in Mecklenburg sa) § 31|, Weimar (§ 12), Meiningen (§8 5), Koburg- 
Gotha (§ 8), Schwarzburg-Rudolstadt (§ 8), Reuß (88§ 5 und 0) be- 
züglich der Haftstrafen durch Vermittelung des Amtsgerichtes; in Braunschweig 
(§ 14, Abs. 2) wird die Verfügung wie ein gerichtliches Urtheil vollstreckt. — 
Zweifelhaft ist, was geschehen soll, wenn die auferlegte Geldstrafe nicht beigetrieben 
werden kann und eine eventuelle Umwandlung derselben in Haft von vornherein 
nicht stattgefunden hat. Die Annahme, daß § 463 der StrasP O. analoge An- 
wendung finde, also die Umwandlung nachträglich durch das Gericht, ohne Prüfung 
der Verfügung selbst geschehen könne, wäre unstatthaft, da § 463 nur von dem 
Strafbescheide, nicht auch von der polizeilichen Strafverfügung spricht, welche der 
Gesetzgeber doch nicht einfach übersehen haben kann. Aus demselben Grunde kommt 
auch § 491 der StrafP O., der sich nur auf gerichtliche Urtheile bezieht, nicht in 
Betracht. Ebensowenig versteht es sich, wie Schicker (I. S. 91 Nr. 5) meint, von 
selbst, daß die Polizeibehörde eine solche Umwandlung nachträglich vornehmen könne. 
Darin läge eine Beeinträchtigung des Beschuldigten, dem so der Rechtsweg abge- 
schnitten würde, welchen er vielleicht beschritten hätte, wenn eine Strafumwandlung 
in der Verfügung enthalten gewesen wäre. Darum ist auch die Bestimmung des 
Gesetzes für Hamburg (§ 13) zu mißbilligen, daß die Umwandlung, ohne Ver- 
mittelung der Gerichte, stets erst dann geschehen solle, wenn sich die Geldstrafe faktisch 
nicht hat vollstrecken lassen. Sie verstößt, wenn nicht gegen den Wortlaut, so doch 
gegen den Sinn der StrafP# O. Thilo (S. 503 Nr. 7), Dalcke (S. 296 Nr. 3), 
Voitus (S. 411 ff.) wollen der Polizeibehörde das Recht einräumen, eine neue 
Strafverfügung zu erlassen, ebenso für Preußen Oppenhoff (S. 630 Nr. 24). 
Dabei wird jedoch zu unterscheiden sein, ob die betreffende Handlung zur Zeit der
	        
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