Pönalklagen. 89
P. entgegentreten, ohne dem Kläger eine solche Bereicherung zu gewähren, unter-
scheidet er von den zweiseitigen oder den Kläger bereichernden die einseitigen Straf-
klagen, welche zwar vom Standpunkte des Klägers nicht als solche erscheinen, wol
aber von dem des Beklagten aus, da sie ihm nicht blos einen Gewinn abnehmen,
sondern durch die ihm auferlegte Verpflichtung zur Entschädigung des Klägers ihn
möglicher Weise schädigen. Der Römischen Auffassung widerspricht diese Theorie
nicht nur dadurch, daß sie für die eigentlichen von ihm als zweiseitige bezeichneten
P. das Moment der Bereicherung des Klägers als nothwendig statuirt, sondern auch
dadurch, daß sie andererseits als einseitige P. jede durch ein Unrecht des Beklagten
bedingte Ersatzforderung gelten läßt. Wesentlich ist es im Gegensatze hierzu nach
Römischer Anschauung der P. zwar nicht den Kläger zu bereichern, wol aber den
Beklagten zu schädigen, weshalb die Forderung einfachen Ersatzes P. nur ist als
Ahndung der Zerstörung eines Werthes und nicht als Forderung der Rückerstattung
eines dem Kläger entfremdeten Werthes oder der Abnahme einer ihm rechtswidrig
auferlegten Belastung. Keine P. sind daher die actio doli, die actio quod metus
causa und die actio Pauliana, wenngleich sie, soweit sie dem Beklagten mehr als
seine Bereicherung abfordern, actiones ex delicto sind. Die Deliktsklagen des Römischen
Rechts sind daher 1) reine Strafklagen als Ahndungen persönlicher Verletzung; 2) ent-
schädigende Strafklagen als Ahndungen direkter pekuniärer Schädigung, endlich 3) reine
Restitutionsforderungen (arbitrariae actiones) zur Ausgleichung der Nachtheile, welche
dem Kläger ein nicht sowol an sich, als durch die ihn begleitende vis oder fraus ihn
widerrechtlich verletzender Vorgang zugefügt hat.
Von praktischer Bedeutung ist die Abgrenzung der P. von anderen Delikts-
klagen deshalb, weil die poena von jedem Schuldigen voll eingefordert werden kann,
während die lediglich restitutorischen Deliktsklagen mit einmal erfolgter Restitution
ihr Ziel erreicht haben. Dagegen gilt von allen Deliktsschulden, daß die Verant-
wortlichkeit des Delinquenten nicht auf die Erben übergeht, wie auch derselbe Satz
gilt von der durch dingliche Klage geltend gemachten Verantwortlichkeit für dolose
Vereitelung der Restitution.
Im Gemeinen Rechte ist dem Römischen gegenüber die privatrechtliche Verant-
wortlichkeit für Delikte einerseits ausgedehnt durch ihre vom Kanonischen Rechte ver-
fügte Erstreckung auf die Erben, welche aber nach dem Gem. Rechte nur bis zum
Maße des Ererbten stattfindet. Dagegen geht heutzutage die privatrechtliche Delikts-
klage lediglich auf Entschädigung, so daß es keine P. mehr giebt.
Während daher die restitutorischen Deliktsklagen fortbestehen, sind 1) die reinen
Strafklagen gänzlich weggefallen. Allerdings war gerade die actio iniuriarum die
einzige P. von anerkannter gemeinrechtlicher Geltung gewesen; dieselbe ist aber außer
Kraft gesetzt durch das Rötraf GB. §§ 185 ff. Die durch dasselbe Gesetz neu ein-
geführte „Buße“ bezweckt lediglich Schadloshaltung des Klägers. 2) Die entschädigenden
Strafklagen sind zu reinen Entschädigungsklagen geworden: a) Bezüglich der rechts-
widrigen Entwendung beruht dieses Resultat auf ihrer grundsätzlichen, die konkurrirende
Privatstrafe ausschließenden öffentlichen Bestrafung. Die actio vi bonorum raptorum
ist dadurch in der actio furti aufgegangen, die actio furti dagegen in der condictio
furtiva nur für den Eigenthümer der entwendeten Sache, wogegen von seinem An-
spruche der eines anderen durch furtum Geschädigten sich noch, wenn auch nur noch
wenig, bezüglich seiner passiven Vererbung unterscheidet. b) Daß die Sachbeschädigung
nach Gem. Rechte lediglich zur Entschädigung verpflichtet, zeigt die konstante, dem
Röm. Rechte zuwiderlaufende Behandlung mehrerer derselben Beschädigung Schuldiger
als für dieselbe Leistung solidarisch Haftender. Ohne Grund ist dagegen die An-
nahme, daß mit der Auffassung der Klage als einer reinen Entschädigungsklage
sich nicht vertrage das bezüglich der Höhe des zerstörten Werthes vom Röm.
Rechte dem Kläger gestattete Zurückgreifen auf eine der Beschädigung voran-
gegangene Zeit.