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zum Glied eines mehr oder weniger mächtigen Vorstellungskreises gemacht hat. Wo
der Grundsatz nicht in das Innere des psychischen Gewebes ausgenommen, sondern
nur von außen her ausgenommen ohne innere Aneignung nachgebetet ist, bewährt
er seine Kraftlosigkeit bei jeder Probe derselben. Wo er getragen wird von der
psychischen Eigenthümlichkeit des Individuums, von dessen natürlichen Anlagen und
dessen erworbenen Anschauungen, führt er zur Herrschaft des Ichs, mit welchem er
verschmolzen ist, über die einzelnen Begehrungen, welche der Lebensstrom mit sich
führt. Freilich eine vollkommen gesicherte, sich immer gleichbleibende absolute Herr-
schaft ist dies nie. Sie hat stets ihre Schranken an der begrenzten psychischen Kraft,
welche den Menschen gegönnt ist. Die Selbstbeherrschungsfähigkeit (pfychische Frei-
heit) ist etwas durchaus relatives. „Die Freiheit Verschiedener ist eine verschiedene,
ist verschieden bei Demselben zu verschiedener Zeit und ist bei Keinem und zu keiner
Zeit gesichert jedem Wollen gegenüber"“ (Volkmann). Zunächst muß man an
jeden Menschen einen individuellen Maßstab anlegen; hier ist in der That der
Mensch sein eigenes Maß. Nur das kann Jedem zugemuthet werden, was er eben
in Folge seiner psychischen Organisation zu leisten im Stande ist. Aber es ist auch
derselbe Mensch zu verschiedenen Zeiten nicht im gleichen Maß befähigt zur Selbst-
beherrschung; es giebt Fluth und Ebbe in der Sphäre der psychischen Freiheit, auch
abgesehen von außerordentlichen Stürmen. Entscheidend wird endlich die Stärke,
mit welcher das einzelne Wollen auftritt. Wo dies, begünstigt insbesondere von
anderen mächtigen Vorstellungs= und Gefühlskomplexen, mit außerordentlicher Gewalt
auftritt, wirft es die Grundsätze über den Haufen, welche der gewöhnlichen Willens-
kraft gegenüber ihre Herrschaft hätten bewähren können. Namentlich wird dies der
Fall sein, wenn eine außerordentliche Gemüthsbewegung (ein Affekt) zum raschen
Handeln hinreißt, ehe die Entwickelung der vom Handeln abhaltenden Vorstellungen,
welche einer gewissen Zeit bedarf, vor sich gehen konnte. Dann geht das Wollen
nicht vom Ich des Wollenden aus, dieser ist vielmehr, wie es die'Sprache bezeichnend
ausdrückt, gar nicht bei sich, sondern außer sich. Es war daher, mit Rücksicht auf
das eben Ausgeführte, theoretisch genommen ganz richtig, wenn der zweite Nord-
deutsche Entwurf, entsprechend dem Gutachten der Leipziger medizinischen Fakultät,
im § 49 (setzt 51) die Z. durch einen Zustand ausgeschlossen haben wollte, durch
welche die freie Willensbestimmung „in Beziehung auf die Handlung“ ausgeschlossen
war, wozu die Motive bemerkten, es solle dadurch ausgesprochen werden: „daß der
Beweis des Ausschlusses der freien Willensbestimmung nur in Beziehung auf die
dem Thäter zur Last gelegte That zu erbringen, nicht aber der Beweis dafür zu
sordern sei, daß die freie Willensbestimmung nach allen Richtungen hin ausgeschlossen
sei.“ Nur war damit andererseits die Befürchtung nahegetreten, daß man auch bei
Geisteskrankheit Z.fähigkeit annehmen würde, falls — wie es bei vielen Geistes-
kranken vorkommt — die Freiheit der Willensbestimmung bezugs der fraglichen
einzelnen Handlung vorhanden war. Mit Rücksicht hierauf ließ man jene Beziehung
auf die einzelne That fallen, während es auch nach der jetzigen Fassung des § 51
genügt, wenn die freie Willensbestimmung nur in Bezug auf die dem Strafrichter
zur Beurtheilung vorliegende That ausgeschlossen war. Es kann eben überhaupt
nicht bezweifelt werden, daß ein an sich zurechnungsfähiger Mensch, d. h. ein
solcher, welcher im Allgemeinen im Stande ist, sein Wollen zu beherrschen, dennoch
betreffs eines einzelnen Wollens nicht im Stande ist, sein Ich zur Geltung zu
bringen, so daß er in der Beziehung zu diesem nicht zurechnungsfähig, oder mit
anderen Worten, daß ihm dieses Wollen und die aus demselben hervorgehende
Thätigkeit nicht zurechenbar ist. (Bei diesem Anlaß sei bemerkt, daß es ungenau
ausgedrückt ist, wenn man von zurechnungsfähigen Handlungen statt von zurechen-
baren spricht. Die Fähigkeit, um welche es sich fragt, ist nur auf den Wollen-
den zu beziehen; das, was er thut, ist ihm zurechenbar oder nicht zurechenbar.)