134 Die geschichtlichen Grundlagen der Deutschen Aechtsentwiclung it.
Das sind eigentlich geseßgeberische Akte, welche nach republikanischer Verfaffung von
den Komitien ausgehen mußten. Dem Kaiser ist also (wahrscheiulich durch ein
besonderes Gesetz) das Recht eingeräumt, folche Akte statt des Volkes vorzunehmen.
Die Erlasse sind leges datae. Das beweisen die sog. tlabulae honestae missionis.
Durch sie wird ausgedienten Soldaten bei ihrer Entlassung die Civität, und, wenn
sie schon Bürger find, das conobiom mit ihren veregrinischen Ehefrauen gewährt. Ee
ist eine große Anzahl solcher in Diptychenform auf Erztafeln geschriebener Urkunden er-
halten:), sie sind Abschriften der Gesetze, welche auf dem Kapitole ausgestellt waren, und
gleichen den Erztafeln, auf welche die Gesebe gegraben wurden, äußerlich vollständig. —
Biel umassender und eingreisender ist die gesetzgeberische Thätigkeit der Kaiser, diel
zunächst in den Formen der Verwaltung und Rechtspflege auftritt. In der gesammten
inneren Verwaltung, namentlich dem Militär-, Finanz= und Fiskal-, Polizei= und
Munizipalwesen, führen die Kaiser bald eine absolute Centralisation ein. Sie ordnen
und leiten Alles selber, entweder durch allgemeine Verordnungen und Instruktionen
an die Beamten (edicta und mandato), oder durch spezielle Erlasse, Antwortschreiben
auf Berichte und Anfragen der Beamten über einzelne Fälle und Entscheidungen
von Streitigleiten (epistolse, rescripta, decreta). Nicht weniger nahmen fie die
Justiz in die Hände. Schon Augustus führte eine Appellation an den Kaiser in
Kriminal- und Civilsachen ein. Einzelne Beschränkungen derselben fielen unter seinen
Nachfolgern bald weg. Daneben wurde aus dem allgemeinen imperium des Kaisere
abgeleitet, daß er stets auch in erster Instanz zu Gericht sitzen, alle Prozesse an-
nehmen und sie nach Umständen selber entscheiden, oder Geschworenen Überlassen.
oder durch Reskript an Beamte verweisen könne. Dabei war auch zwischen Justiz
und Verwaltung und namentlich Verwaltungsjustiz kein eigentlicher Unterschied.
[Nur war es Regel, daß in den Sachen des alten Rechtes (d. h. da, wo schon
in republikanischer Zeit Civilklagen oder prütorische Rechtemittel bestanden) der
Formularprozeß mit Geschworenen blieb (ius ordinariom). Dagegen in Verwaltungs-
sachen verstand sich die eigene Untersuchung des Beamten (cognitio) von selbst. Und
diese wird nun auch auf einc Reihe von streitigen Privatfachen übertragen, die, wie
es scheint, sämmtlich erst in der Kaiserzeit als Rechtsverhältnisse ausgeiaßt, also ge-
richtlich versfolgbar wurden (sog. ius extraorinarium von der extraord. cognitio).
Hierher gehörn JFideikommisse. Anspruch auf Honorar für operae liberales, Polli-
citation an eine Stadt:). Wichtiger aber war, daß der Kaiser durch seine Beamten
den ordentlichen Straf, und bald auch den Givilgerichten erfolgrrich Konkurrenz
machte. Schon Augustue hat — durchgängig im Interesse besserer Administration —
gewisse Verwaltungezweige, vor allem in der Hauptstadt selbst, den ordentlichen
republikanischen Beamten abgenommen und, wie Pomponius sagt, extra ordinem
utilitatis causa Gehülfen (procuratores) ernannt, dic nicht Magistrate sind: so die
Feuerpolizei, die Getreidezufuhr, das Wegewesen. Er überträgt sie an Beamte
meist senatorischen Standes, die Draelecti vigilum, uannonae und die curatores
viarum. Dazu kommt unter Tiberius der praelectos urbi, der Polizeimeister in
Rom. Alle diese Präfekten haben eine mehr oder minder ausgedehnte Gerichtsbarkeit
in Straffachen neben deu ordentlichen Gerichten (quaestiones perpetuse). Aber
auch Civilsachen, die mit der öffentlichen Sicherheit und dem Komhandel zusammen-
hängen, werden an sie gebracht (D. 1, 12. 2), J. B. Miethestreitigleiten an den
praclectus vigilum (D. 19, 2. 56; 20, 2. 9). Schiffsdarlehen an den prnelectus
annonae (D. 14, 5. 8: 11, 1. 1, 18), Straßenverbauungen an den curntor viae
(PTaulus sent. 5, 6. 2). Dazu kommt dann unter Claudius die Uebertragung von
Fiekalsachen an die kaiserlichen Kassenbeamten (procuratores fisci).] Es lag darin
1) C. I. L 3, 2. S13—919; ephem. epigr. 2, 452 5d.; 4, 181 sq.; 495 sq.) Bruns.
Fontes (5 196—199
ekker, Die Aklionen des röm. Privatrechts, II. Kap. 23.