Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band II (2)

Artikel 24. 25. 26. Oneist 113 
sein für alle seine Feinde, so will ich namentlich, daß in Bezug auf 
die auswärtige Politik die Meinung des Reichstages nicht von 
einem Tage zum andern schwanke, sondern daß den verbündeten Regierun- 
gen durch einen consequenten Ausspruch der Meinung des Reichstages, 
der nicht von einem Tage zum andern sich ändert, die Möglichkeit ge- 
währt werde, Europa zu imponiren und diefeste Säule zubegr ün- 
den, auf der unsere auswärtige Politik sich aufbauen muß. Des- 
halb bitte ich Sie, mein Amendement anzunehmen. (Lebhastes, anhal- 
tendes Bravol) 
Dr. Gneist (Elberfeld Barmen)“). Meine Herren, ich wüßte wenig 
Fragen, die sich dazu eignen, so besonders nüchtern behandelt zu 
werden, wie diese Frage einer Verbesserung, die eine zwesschneidig 
gefährliche Natur an sich trägt. Die geehrten Herren Antragsteller haben 
sich gewiß vor der Stellung der Amnendements die Vorfrage beantwortet. 
Glauben Sie daran, daß die im Artikel 21 beschlossene Versammlung des 
Reichstages für die materlelle Berathung von Gesetzen geeignet sein wird? 
ob sie wirklich gerignet sein wird, Eisenbahn= und Handelsgesetze, Steuer- 
und Militairgesetze nicht bloß anzunehmen oder bloß abzulehnen, sondern 
sachlich zu verbessern? ob sie geeignet sein wird, unsere Deutschen Gesetz- 
bücher zu verbessern u. s. w.? Diese Frage, meine Herren, ist in der 
Europäischen Staatengeschichte seit 1789 wiederholt beantwortet, immer in 
derselben Welse, auf jeder Entwickelungsstufe unserer Gesellschuft. Die Her- 
ren Antragsteller haben dagegen ohne Zweifel ihre Gegenrechnung 
gemacht. Ist diese Gegenrechnung aber sicher? Die Antragsteller 
rechnen ohne Zweisel richtig, weun sie annehmen, dab in diesen Einrich- 
tungen der conser vative Besitz Über einige Millionen Stimmen 
versügt. Sie rechnen vielleicht auch richtig, daß der liberale Besitz im 
Augenblick mindestens Über einige Millionen Stimmen weniger 
bersügt. Aber Über mehr Stimmen, als jeder von beiden, ver- 
fügt in dieser Maschinerle die Regierungs= und Polizeigewalt 
des Staates in unseren continentalen Staateu. Ec ist auch der dritte 
Faoc or in Rechnung zu ziehen, der bisher leiue Veranlassung gehabt 
hat, sich positiv zu betheiligen. Dieser dritte Factor macht in unserer con- 
tinentalen Welt jede Berechnung unsicher. Sind die Herren Antragsteller, 
indem sie nun dem zunächst zu bildenden Zustand eine so lange Dauer 
geben wollen, sicher, daß sie die Rechnung nicht ohne den Wirth ge- 
macht, nicht ohne den eigentlichen Wirth im Hause? Wir werden sehr 
bold empfinden, daß eine Form und Maschine, die vorläufig auf das Popier 
gezeichnet ist, sich auch wirklich zu bewegen anfüngt. Und nun setzen Sie 
den Fall, daß vermöge der unberechenbaren Einslüsse in diesen 
Si. Ber. S. 455. 
Materiallen. I. 8 
 
	        
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