114 Reichstag.
Wahlen, eine ehambre introuvable Steuern beschließt, Gelder
Über Gelder bewilligt, bei Seite räumt in den Landesverfassungen Alles, was
ihr gegeuübersteht, und zwar, daß sie am sichersten das zerschlägt, was den
geehrten Herren Antragstellern das Wertheste an den Landesverfassungen ist,
die politischen Rechte des Besitzes. Ist es denn nun wahrhaftig
uicht genug, wenn eine solche Einrichtung drei volle Jahre zu
arbeiten hat? Ich glaube, daß gerade von den Standpunkten, die die geehrten
Herren in der Zukunft verfolgen, keine Bestimmung der Verfassung segens-
reicher sein wird, als diejenige, die es gestattet, von drei zu drei Jahren
nachzusehen, wie die neue Maschine geht. Der Herr Vorrchner hat exem-
plificirt auf England. Ich kann darauf nur erwiedern: auch regierende
Klassen, die ihr Terrain genau kannten und ihrer Sache vollkommen sicher
waren — was die Herren Antragsteller nicht sein konnen, — haben sich ein
volles Menschenalter überlegt, ehe sie den gesahrvollen Schritt thaten,
Legislaturperioden zu verlängern! Ich will nicht so weit gehen, diese Amende-
ments Verschlechterungsanträge zu nennen, ich will sie Verschönerungsanträge
nennen, aber seien Sie Überzeugt, sie gehören zu den Verschönerungs-
mitteln, die leicht gesundheitsgefährlich werden. (Bravol linke.)
Graf Schwerin (Putzar)“). Meine Herren! Mir wird das Sprechen
heute schwer wegen Heiserkeit, und ich werde mich daher sehr kurz fassen;
ich würde mich des Wortes Überhaupt enthalten haben, wenn ich nicht gerade
in dieser Frage abwiche von den politlschen Freunden, mit denen ich
bisher in diesem Reichstage fast immer zusammen gestimmt habe. Nament-
lich bedaure ich es aufrichtig, im Gegensatz der Meinung mich zu befinden
in diesem Augenblicke mit dem verehrten Abgeordneten von Osnabrück, mit
dem ich so gern bisher immer zusammen gegangen bin, und mit dem auf
ziemlich gleichem politischen Boden zu stehen, ich mir zur besonderen Freude
anrechne. Ich glaube aber, daß man für diese Anträge stimmen kann, wie
ich dafür stimmen werde, obgleich sie von der sogenannten conservativen
Seite ausgegangen sind, ohne daß man damit den Grundsähzen untreu wird,
die wir in Bezug auf dlesen Verfassungsentwurf bisher verfolgt haben. Ich
theile die Ansicht des letzten Herrn Redners vollkommen, daß diese Frage
ganz nüchtern behandelt werden kann, und ganz nüchtern behandelt werden
muß. Ichrechne auch nicht, wie er rechnet, ob man jetzt die Mil-
lionen der Stimmen mehr so oder mehr so gestaltet sich denken
soll; ich glaube, das ist eine sehr unsichere Basis, auf die man sich
stellen könnte. Ich verfahre in Bezug auf dieses Amendement wie in Bezug
auf alle Amendements, die bisher gestellt worden sind; ich frage mich ein.
fach: kannst du für dieses Amendement stimmen? ist die Annahme dieses
Amendements eine Verbesserung dieses Entwurfes? kannst du es an-
% St. Ber. S. 455.