Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

Generaldebatte. Schulze. 147 
Aber selbst wenn es wirklich so läge, meine Herren, wenn absolut gar nichts 
Anderes zu erhalten wäre — ja, ich sagte schon, dann behandle man doch 
das Verhältniß zu Baiem als das, was es ist. Das ist also ein Ver- 
sassungsbündniß genannt worden, etwas, was über den bisherigen bestehenden 
Bündnifvertrag hinausgeht, was entschieden eine Verbesserung der jetzigen 
Siellung zwischen uns und Baiern ist, das wird Niemand verkennen. Aber 
wenn Baiern seine Sonderftellung so wahrt, so gestatte man ihm auch nicht, 
in unsere inneren Bundesverhältnisse einzugreifen und allein von seiner Seite 
aus Dinge hineinzutragen, die weder von Seiten des Norddeutschen Bundes 
nach von Seiten der übrigen süddeutschen Staaten irgend wie verlangt, ja 
a-ch nur gewollt werden, die Baiern erst uns oktroyirt. Will Baiern ab- 
selut keine andere Stellung — das wöre freilich sehr traurig und ich glaube, 
N#h das gar nicht der Fall ist — dann mäge es auch die Konsequenzen 
diser Stelung hinnehmen, dann bleibe es zwischen ihm und dem Nord- 
da#schen oder Deutschen Bunde auch bei einem solchen bloßen Verfassungs- 
bindniß mit gewissen gemeinsamen inneren Angelegenheiten, an denen auch 
die baierische Volksvertretung mitzuwirken hat — den Anfang hat man schon 
im Zollparlament. Run und nimmermehr aber kann man Baiern aledann 
zestatten, in solche Angelegenheiten unseres Bundes nach seinem Belieben ein- 
zugreifen, in denen es seine Sonderstellung wahrt; das müßte doch, glaube 
ich, von uns abgewiesen werden. Aber, meine Herren, ich komme nun auf 
dn Hauptpunkt mit Baiern und wiederhole: Man soll mir nicht sagen, 
daß nichts Besseres zu erreichen wäre! O nein! Ich habe weit besseres Ver- 
nauen zu einem so grundtüchtigen deutschen Volksstamm, wie es die Baiern 
finf, und ich glaube ganz gewiß, wie er mitgewirkt hat, — das Volk selbst 
in Baiern, vergessen Sie das nicht — zur Verstärkung der nationalen Strö- 
mg, die selbst manche nicht gerade übermäßig willige süddeutsche Regie- 
angen in den nationalen Weg hineintrieb: so wird dieser selbe tapfere, 
luchtige deutsche Volksstamm, wenn man die Sache vor ihn, vor die rechte 
Instanz bringt, auch dazu mitwirken, daß partikularistische Tendenzen, mögen 
sie gchegt werden an höchster Stelle, an der Spitze der Regierungen, mögen 
sie gehegt werden in gewissen Kreisen der Bevölkerung, zurücktreten vor der 
großen Frage und unabweislichen Nothwendigkeit der nativnalen Einigung. 
Beschreiten Sie den Weg, den wir Ihnen augeben, und Sie gelangen dahin. 
Ich verkenne ja nicht, meine Herren, daß auf diesem Wege die Dinge auch 
rer die einzelnen süddeutschen Kammern kemmen — sie müssen Wahlgesetze 
mirt den Kompetenzen des zu berufenden Reichstages den Kammemn vorlegen 
— aber die Dinge liegen dann anders. Meine Herren, der Partikularismus 
kann sich dann, wenn ihm einfach die Frage vorgelegt wird: „Wollt ihr ein 
deunsches Parlament beschicken, welches sich über eine deutsche Bundesver- 
fassung mit den deutschen Regierungen zu vereinbaren hat7“ — er kann sich 
dann nicht in seine tausend Winkel und Höhlen verstecken, er muß offen her- 
vertreten. Sie stellen den Partikularismus der Regierungen so gut, wie den 
10“
	        
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