Generaldebatte. Brauchitsch. 225
unter einer neuen Nummer 16 auch auf die Presse und das Vereins-
wesen ausgedehnt. Ich sage, dies ist ein formelles Bedenken. Ich will
also durchaus nicht sagen, daß diese beiden Gegenstände, Presse und Ver-
einswesen, ungeeignet für die Bundeögesetze wären. Aber ich halte es doch
für ein nicht ganz ungefährliches Präcedens, — möglicherweise wenigstens
kenme es als ein solches einmal geltend gemacht werden — daß jetzt ohne
weitere Zustimmung der Landesvertretungen der einzelnen Bundesstaaten auch
im Nerddeutschen Bunde dieser neue Gegenstand der Gesetzgebung des Bun-
des unterstellt wird. Sie wissen, daß bisher über diese Frage viel gestritten
ist, kaß der Bund sich selbst seine Kompetenz soll erweitern dürfen. Diese
Frage wird hiermit affirmatir entschieden, insofern die einzelnen Landesrer-
treungen im Norddeutschen Bunde nicht weiter gehört werden sollen. Ledig-
lich um das Zustandekommen des großen Zieles nicht zu gefährden, werde
ich für diesmal hier im Reichstag darüber fortgeben; ich verwahre jedoch
mich und diejenigen meiner politischen Freunde, die mit mir gleich denken,
hegen eine Konsequenz, die ich nicht daraus gezogen zu sehen wünsche.
Meine Herren, das sind die Hauptpunfte, welche ich in den uns vorgelegten
Verträgen bedenklich finde. Bedenklich ist mir aber auch, daß in der neuen
Bundesrerfassung mehreres fehlt, was ich darin zu sehen wünschte. Ich will
hier nicht darauf zurückkommen, wie zweckmäßig es wäre, daß die Zusam-
mensetzung des Reichstags eine andere würde; ich meine, der künftige Reichs-
tag wird ein zu umfangreicher, zu schwerfälliger Körper sein, als daß man
nicht wünschen möchte, daß die große Zahl von 382 Mitgliedern auf die
Hälfte verringert würde, etwa so, daß in Zukunft auf 200,000 Seelen ein
Abgeordneter gewählt würde, statt jetzt auf 100,000. Das, glaube ich,
würde von Vortheil sein, und würde vielleicht auch die Lösung der Diäten-
frage erleichtern, (Bewegung) in der Weise, daß Diäten auch künftig nicht
hezahlt werden, (Heiterkeit) also in dem Sinne, wie wir es auf dieser (rechten)
Seite des Hauses wünschen, und zwar deshalb, weil sich 190 Abgeordnete
leichter finden lassen als 380. Ich will auch darüber keine Betrachtungen
anstellen, wie wünschenswerth es wäre, die Vertretung im Bundesrathe eine
andere sein zu lassen. Denn ich trage kein großes Bedenken, daß eine Ma-
jorisirung des größten Bundesstaates so leicht möglich wäre; es ist dagegen
Vorsorge getroffen in der Ausdehnung des Art. 5 auf die indirekten Steuern,
ud in dem Art. 37. Ich will auch hier nur andeuten, wie nothwendig
die gesetzliche Herbeischaffung neuer Bundessteuern etwa durch Einführung
des Tabacksmonopols ist. Ich will auch darauf nicht näher eingehen, wie
gerathen es wäre, zu einem bestimmten festen Militäretat zu kommen, um
diesen wichtigen Punkt, gleichviel in welcher Weise, ein für alle Mal dem
Schwanken und Diskutiren entrückt zu sehen. Alles dies greift mir jetzt zu
weit. Aber auf den einen Punkt, den der Herr Abgeordnete Wagener schon
hervorgehoben hat, möchte ich noch einmal zurückkommen, ich meine: die
Gestaltung eines Oberhauses. Meine Herren, wir denken jetzt nicht daran,
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