458 HOessen. Verhandlungen der zweiten Kammer.
find es unseren Söhnen und Brüdern schuldig, daß das neue Band ge-
schlossen werde — eine Sühne der Vergangenheit. Dabei lassen Sie uns
die Hoffnung festbalten, die Nation werde die neue Phase der Entwicke-
lung mit dem starken Geist, den sie neuerlich bethätigt, auch zum Ziele
führen. Möge aus diesen Verträgen Deutschland groß, mächtig, einig,
frei hervorgehen!
Ministerpräsident Frhr. v. Dalwigk, Erc. ): Der Abg. Frhr. von
Gagern hat in seinem interessanten Vortrag einen Punkt berührt, bezüg-
lich dessen ich der verehrlichen Kammer einige Worte zu sagen habe. Es
ist von Frhrn. von Gagern erwähnt worden, daß die Bildung eines Ober-
hauses neben dem Reichstage im neuen Deutschen Bundesstaate nethwendig
sei. Die Gr. Regierung theilt diese Ansicht und diesen Wunsch vollkom-
men. Die Bevollmächtigten Sr. Königl. Hoheit des Großherzogs haben
in Versailles bereits in diesem Sinne ihren Einfluß geltend zu machen
gesucht. Es war denselben natürlich in ihrer Lage nicht möglich, eine des-
fallsige Bedingung zu stellen. Wir haben aber nicht unterlassen, unsere
Ansichten und Wünsche dem Hrn. Bundeskanzler schriftlich mitzutheilen,
und ich habe die Hoffnung, daß dieser unser Antrag nicht begraben
sein wird.
Dumont““): Meine Herren, die drohende Gefahr von Außen und die
glorreichen Erfolge der Waffen haben die Deutsche Nation zur Einigkeit!
geführt. Die nationale Einigung muß und wird zur weltzeschichtlichen
Thatsache werden. Dem opfermüthigen Volke wurde von allerhöchster
Stelle ein Einigungswerk auf wahrhaft freiheitlicher Grundlage
verheißen. Mitten unter dem Douner der Kanonen wurden Verträge be-
rathen und ein Werk geschaffen, welches dahin führen soll: Es ist unsere
Aufgabe, zu prüfen, ob diese Verträge den hohen Verheißungen irgendwie
entsprechen. Prüfen wir diese wichtigste deutsche Frage ungeblendet von
dem Glanze und Erfolge unserer Waffen; prüfen wir fie eingedenk der
erusten Verpflichtungen, welche wir Denen schulden, die bereits als Helden-
söhne für das Vaterland gefallen; prüfen wir, im Bewußtsein der vielen
Opfer, welche bereits gebracht und welche ferner zu bringen das Volk bereit
sein muß! Das Deutsche Verfassungswerk, wie solches heute uns vorge-
legt worden, soll zu Stande kommen durch Staatsverträge, einerseits
zwischen dem Norddeutschen Bund als Rechtsperson für sich, und anderer-
seits zwischen den Staaten Hessen, Baden, Würtemberg und Bayern, deren
jeder einzelne dem Vertrage des anderen mit dem Norddeutschen Bunde
zuzustimmen hat. Die verschiedenen gesetzgebenden Faktoren des Nordbundes
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