Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

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Süddeutschen den gleichen Raug einhalten mit den Norddeutschen; es ist 
nicht allein die überlegene Führung, sondern es ist vor allem die Einrich- 
tung des Norddeutschen Kriegswesens, welche, abgesehen von allem Uebrigen, 
in zwei Punkten es ermöglicht hat, daß dieser Krieg so glücklich geführt 
werden kann: durch die Raschheit, mit welcher gleich in den ersten Tagen 
die genügenden Massen an der rechten Stelle waren und wodurch erzielt 
wurde, daß der Krieg nicht nach Deutschland sich herüberzog, und durch 
die Ausgiebigkeit der Mannschaften, welche gleichsam keine Grenzen hat, 
und welche mitten im Winter, nachdem das ganze französische Volk sich in 
einen Volkskrieg gegen uns eingelassen hat, die feindlichen Heere von 
Gegend zu Gegend, von Stadt zu Stadt niederzuwerfen weiß, bis dem 
Feind endlich der Frieden diktirt werden wird. Das ist der Vorzug, der 
gunz unbezweifelbare Vorzug des Norddeutschen Kriegswesens, das uns 
erlaubt hat, einen so ewig denkwürdigen Krieg zu führen. Natürlich kann 
eine solche Organisation nicht anders ins Leben gerufen werden als mit 
rermehrten Opfern. Es war bei den letzten Wahlen gerade dieser Punkt 
der allerklarste, weil er dem Kreise der Fassung jedes Mannes aus dem 
Velke am allernächsten lag; den Krieg und seinke Lasten hat Jeder begriffen, 
Jeder eingesehen, daß der Kriegsetat künftig vermehrte Lasten bringen wird. 
Aber trotzdem diese Frage so klar vorlag, hat dasselbe Volk doch so ent- 
schieden, wie wir es erlebt haben. Deßhalb sind auch die Einwürfe, welche 
in dieser Beziehung uns gemacht werden, gewiß solche, welche an dieser 
Kammer spurlos abprallen werden. Wir wollen keine Vorrechte mehr vor 
den übrigen deutschen Staaten, wir haben einsehen gelernt, daß in keinem 
Gebiete des öffentlichen Lebens so sehr wie in dem der Wehrkraft des 
Velkes die Gemeinsamkeit der Einrichtungen, die Gemeinsamkeit der Lasten 
das Allererste ist, was ein zu seiner Einheit, zu seiner Natienalkraft sich 
emperringendes Volk leisten muß, und es ist nicht zu besorgen, daß die 
rermehrten Lasten, die Niemand von unserer Seite, der Herr Berichterstatter 
am wenigsten, irgendwie abgeleugnet hat, dem Lande eine Ursache sein 
sellten, sich der deutschen Einigung zu entziehen. Es wird von jener 
Seite, welcher der Herr Abgeordnete von Aalen angehört, vor allem gegen 
die Verfassung des Norddeutschen Bundes das geltend gemacht, daß in ihr 
die Ausbildung der konstitutionellen Rechte, wie sie sonst in Parlamenten 
iblich find, fehle; es ist das der leitende Grund, welcher in der bekannten 
metirirten Abstimmung eines Theiles dieses Hauses im vergangenen Oktober 
zu lesen war. Aber es ist hier auf den seltsamen Widerspruch vor allem 
binzuweisen, in welchen eben jene Partei gerade mit diesem Verlangen sich 
begiebt. Der Herr Abgeordnete von Aalen hat mit vielen Worten, mit 
einer langen Beweisführung nachzuweisen gesucht, wie wir uns davor zu 
büten haben, daß die Souveränität unseres Landes, daß die Selbständig- 
keit des Einzelstaates nicht angetastet werde, und von derselben Partei ver- 
langt man Einrichtungen, welche in ihren Wirkungen eine weitere Be-
	        
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