Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Dritter Band. (3)

Börsenwesen. 221 
7) Die Prämiengeschäftel. 
aa) Die verschiedenen Arten von Prämiengeschäften. 
Die Prämiengeschäfte sind eine besondere Art der Termingeschäfte, 
nämlich solche, bei denen sich der eine Teil gegen Zahlung einer 
Prämie das Recht vorbehält, von der Erfüllung des Geschäfts 
abzustehen (Vorprämien,-Rückprämien-, Stellgeschäft) oder nochmalige Lieferung 
bezw. nochmalige Abnahme zu verlangen (Nochgeschäft). Derjenige Kon- 
trahent, dem das Wahlrecht eingeräumt ist, hat dafür dem anderen, dem „Stillhalter“, 
eine Vergütung, die sogenannte Prämie, zu bezahlen. Man unterscheidet folgende Arten 
von Prämienges chäften: 
De#r- 
der Prämie von der iin 7“* 
2. das Rückprämiengeschäft, wobei sich der Verkäufer das Recht vorbehält, gegen Zahlung 
der Prämie von der Lieferung abzustehen?; 
3. die Stellage, eine Verbindung von Vor= und Rückprämiengeschäft. Der Prämien= 
zahler hat hier die Wahl, ob er zu dem vereinbarten Kurse liefern oder beziehen will, d. h. ob 
a von seiner Abnahme= oder von seiner Lieferungsverpflichtung abstehen will; 
4. das Nochgeschäft, wobei der Käufer bzw. Verkäufer sich das Recht ausbedingt, die ge- 
kaufte bzw. verkaufte Summe zu dem vereinbarten Kauf= bzw. Verkaufspreis noch einmal oder 
mehrere Male nachzufordern bzw. nachzuliefern. Zur Erfüllung gelangt nur der fest abge- 
schlossene Betrag, während bezüglich des Restbetrages der Käufer bzw. Verkäufer von der Er- 
füllung Abstand nehmen kann. 
Die Prämien werden zum Kaufpreis zugeschlagen bzw. von dem Verkaufspreis abge- 
zogen, d. h. der Käufer muß für das ihm zustehende Wahlrecht einen um die Prämie höheren 
Kaufpreis bezahlen; der Verkäufer erhält für das ihm zustehende Wahlrecht einen um die 
Prämie verminderten Kaufpreis. 
Es ist daran festzuhalten, daß die Prämiengeschäfte ebenso wie die Börsentermingeschäfte 
sich als Kaufverträge darstellen 3. Es ergibt sich dies schon daraus, daß die Prämiengeschäfte 
im Verkehr genau in derselben Weise wie die festen Geschäfte insbesondere in bezug auf die 
Erfüllung behandelt werden. Eine im voraus bezahlte Prämie ist daher als Kaufppreis- 
teilzahlung anzusehen und unterliegt als Leistung auf Grund des Geschäfts gemäß Börsengesetz 
§ 55 nicht der Rückforderung (RG#E. v. 11. Juni 1912 Bankarchiv S. 325). 
Angenommen, es sind Anfang Juni Abschlüsse von Prämiengeschäften in Diskonto-Kom- 
manditanteilen auf der Basis des Tageskurses von 185 00 gemacht worden, so stellen sich die 
einzelnen Geschäfte wie folgt dar: 
1. Vorprämiengeschäft 186 ½86/1½8 V. (186½8 dont 1½); 
2. Rückprämiengeschäft 183½/8/1½8 R. (1837/8 oder 1½8 Rückprämie). Die Rückprämie 
wird auch Ansagprämie genannt, weil der Verkäufer, welcher die Stücke liefern soll, 
sie ansagt; 
3. Stellage 187½ /1823/4. Die „Mitte“ ist 185. Die Prämie nach beiden Seiten beträgt 
also 2½, 4½ ist die „Spannung“ oder das „Stellgeld“. 
4. Nochgeschäft 185 34 mit einmal noch, 186 ½8 mit zweimal noch in Käuferswahl bzw. 
184½ mit einmal noch, 1837/8 mit zweimal noch in Verkäuferswahl. 
1 Literatur: Moser, Lehre von den Zeitgeschäften und deren Kombinationen (Berlin 
1875); Wachtel, Stellage und Nochgeschäft (1897); Holz, Prämiengeschäft (Berlin 1905); 
Fürst, Prämien-, Stellage= und Nochgeschäfte (Berlin 1908). 
« In Frankfurt ist es von früher her üblich, das Rückprämiengeschäft als Kauf einer 
Ansagprämie zu bezeichnen. 
* Es handelt sich um einen Kauf, der logleich, bindend abgeschlossen wird, won dessen Er- 
füllung aber der Wahlberechtigte Abstand nehmen kann. AUhnlich RG. Z. 38, 232 ff., wo die 
Prämie als Reugeld bezeichnet wird. Über die verschiedenen Konstruktionen 1 bes. Holz, 
Prämiengeschäfte, Berlin 1905.
	        
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