Full text: Preußisches Staatsrecht.

$ 11. Die Volksvertretung. 211 
Ministerverantwortlichkeitsgesetz noch immer die An- 
drohung von Disziplinarstrafen über die drei Ver- 
brechen der Verfassungsverletzung, der Bestechung 
und des Verrats aussprechen. 
8 ıl. 
Die Volksvertretung. 
Die preußische Volksvertretung ist nach dem Zwei- 
kammersystem gegliedert. Die I. und die II. Kammer, 
von welchen der Verfassungstext spricht, erhielten 
durch Gesetz vom 30. Mai 1855 besondere Namen, jene 
„Herrenhaus“, diese „Haus der Abgeordneten“. Die 
Kollektivbezeichnung „Landtag* ist nicht von der 
Verfassung vorgesehen, aber für beide Häuser seit 1855 
üblich und selbst in die offizielle Sprache der Gesetz- 
gebung übergegangen. 
Die I. Kammer hatte zunächst auf der Grundlage 
der okt. V. die Natur einer Wahlkammer. Durch Ge- 
setz vom 7. Mai 1853 wurde folgende an die Stelle der 
Art. 65—68 Verfassung tretende Bestimmung getroffen: 
„Die I. Kammer wird durch königliche Anordnung ge- 
bildet, welche nur durch ein mit Zustimmung der 
Kammern zu erlassendes Gesetz abgeändert werden 
kann. Die I. Kammer wird zusammengesetzt aus Mit- 
gliedern, welche der König mit erblicher Berechtigung 
oder auf Lebenszeit beruft.“ Demzufolge ordnete die 
Verordnung vom 12. Oktober 1854 die Bildung der 
I. Kammer in der Weise, daß sie besteht: 
1. aus den Prinzen des Königlichen Hauses, sofern 
sie der König nach dem Großjährigkeitstermin in die 
I. Kammer berufen sollte (bisher keine Berufung erfolgt; 
die Prinzen keine „geborenen“ Mitglieder der I. Kammer); 
2. aus Mitgliedern, welche mit erblicher Berechtigung 
berufen sind: a) Haupt des Fürstlichen Hauses Hohen- 
zollern-Sigmaringen; b) die nach der Deutschen Bundes- 
akte vom 8. Juni 1815 zur Standschaft berechtigten 
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