Abschnitt XXVII. Jagd-Gesetz. 1335
Gesetz, betr. die Aufhebung des Jagdrechts auf fremdem Grund
und Boden und die Ausübung der Jagd.
Bom 31. Oktober 1848 (G. S. S. 343).
§. 1. Jedes Jagdrecht auf fremdem Grund und Boden?) ist ohne Ent-
schädigung aufgehoben. Die bisherigen Abgaben und Gegenleistungen des Be-
rechtigten fallen weg.
§. 2. Eine Trennung des Jagdrechts vom Grund und Boden kann als
dingliches Recht künftig nicht stattfinden.
§. 3. Die Jagd) steht jedem Grundbesitzer auf seinem Grund und Boden
zu"). Er darf sie in jeder erlaubten Art, das Wild zu jagen und zu fangen,
ausüben)).
Den benachbarten Grundbesitzern bleibt überlassen, ihre Grundstücke zu
einem gemeinschaftlichen Jagdbezirke zu vereinigen und die Jagd durch öffent-
liche Verpachtung oder durch einen angenommenen Jäger ausüben, oder auch
gänzlich ruhen zu lassen. Kein Grundbesitzer aber kann zu einer solchen Ver-
einbarung genöthigt werden 5).
§. 4. Die Grundbesitzer sind in der Ausübung der Jagd nur beschränkt
durch die allgemeinen und die besonderen jagdpoltzeilichen Vorschriften, welche
1) Litteratur: Dalke, Das preußische Jagdrecht (zum ganzen Abschnitt Jagd-
Polizei), 3. Aufl., Breslau 1895; Wagner, Die preußische Jagdgesetzgebung, 2. Aufl.,
Berlin 1891; Kohli, Preußische Jagdgesetze, Berlin 1891; Bauer, Die Jagdgesetze
Preußens, Neudamm 1896.
In den neuen Provinzen und Hohenzollern ist das Jagdrecht auf fremdem Grund
und Boden ebenfalls aufgehoben.
2) Dazu gehören auch Gewässer, vergl. Erk. O. Trib. 8. Febr. 1853 (E. XXV.
339); und zwar auch die im Eigenthume des Staates befindlichen öffentlichen Ge-
wässer, E. O. V. XVIII. 290. Dem Staate steht also auf allen ihm gehörigen
Binnengewässern die Jagd zu, nicht aber auf dem Meere, an dem Niemand Eigen-
thumsrechte hat, auf dem also das Okkupationsrecht frei ist, Erk. O. Trib. 28. Nov.
1866 (O. R. VII. 667).
3) D. h. das Aufsuchen und Erlegen jagdbarer, nicht dem freien Thierfange
unterliegender Thiere, und zwar jede Handlung, die auf das Nachstellen, Aufsuchen,
Erlegen und Einfangen von jagdbarem Wilde gerichtet ist, ohne Rücksicht auf ihren
Erfolg; auch das Schießen aus eigenem Jagdrevier nach Wild auf fremdem Revier
ist unerlaubte Ausübung der Jagd, Erk. O. Trib. 7. Nov. 1867 (O. R. VIII. 665);
desgl. das Senden von Hunden und Treibern auf fremdes Revier, um Wild zuzu-
treiben, Erk. R. G. 16. Juni 1881 (Rechtspr. III. 409); 12. Okt. 1888 (Rechtspr.
X. 565); dagegen enthält keine Verletzung des Jagdrechtes des Grundeigenthümers
das Schießen von fremdem Revier auf Wild auf eigenem Revier (wohl aber eine Ueber-
tretung des §. 368 R. Str. G. B.), Erk. O. Trib. 7. Okt. 1875 (O. R. XVI.
640), das Anlocken von Wild durch Futterlegen, E. Crim. XX. 341.
4) Auch auf Verkehrsstraßen, z. B. Chausseen, Eisenbahndämmen, öffentlichen
Flüssen, Kanälen, E. K. III. 328.
5) Eine Beschränkung in dieser Beziehung enthält §. 1 Nr. 13 Wildschonges.
(s. unten). Jagdpolizeiliche Beschränkungen in Bezug auf die Art der Jagdausübung
können nach §. 3 Ges. 31. Okt. 1848 im Wege der Polizeiverordnung nicht an-
geordnet werden.
Jagdpolizeiliche, vor Publikation des Ges. ergangene Vorschriften, die das Jagen
mit Bracken verbieten, sind durch jenes Ges. aufgehoben und durch das Jagdpolizei-
ges. 7. März 1850 nicht wieder hergestellt. Eine in Folge des Ges. über die Polizei-
verwaltung 11. März 1850 erlassene Polizeivorschrift, die das Jagen mit Bracken
verbietet, steht mit den Gesetzen im Widerspruch, Erk. O. Trib. 6. Sept. 1855 (E.
XXXI. 314) und 15. Nov. 1857 (RNh. A. I.II. u. 53). Das Jagen mit Bracken
kann durch eine Polizeiverordnung nur insoweit verboten werden, als dies zum Schutze
der Felder 2c. 2c. geschieht, Erk. 6. Sept. 1855 (E. XXXlI. 314) und 23. Juni 1870
(O. R. XI. 374).
) Vergl. jetzt Jagdpolizeiges. 7. März 1850 8#§. 2 —7.