Full text: Die deutsche und die brandenburgisch-preußische Geschichte. Erster Teil: Die deutsche Geschichte bis zum westfälischen Frieden. (1)

96 Rudolf II. 1576—1612. 
4. die Reichsstadt Donauwörth, wo man eine katholische Prozession 
gestört hatte (1607), in die Reichsacht erklärt und vom Herzog 
Maximilian von Bayern besetzt und katholisiert. Endlich vereinigten 
sich die beiden protestantischen Bekenntnisse zur Gegenwehr, indem sie 
unter Führung Friedrichs IV. von der Pfalz 1608 die evangelische 
Union bildeten. Ihr gegenüber schlossen aber auch die katholischen 
Reichsstände unter der Leitung Maximilians von Bayern 1609 einen 
ähnlichen Bund, die sogen. Liga, die von vornherein den Vorzug 
größerer Einheit und Entschlossenheit besaß. 
[Der jülich-klevische Erbfolgestreit 1609—1666.] Die 
Spannung zwischen den Religionsparteien wurde noch verschärft durch 
den jülich-klevischen Erbfolgestreit. Im Jahre 1609 erlosch 
nämlich der Mannesstamm des mächtigen Herzogshauses von Jülich- 
Kleve-Berg. Die Haupterben Kurbrandenburg und Pfalz-Neu- 
burg (an der obern Donau) einigten sich zwar 1609 im Vertrage 
von Dortmund zu gemeinsamer Besitznahme, aber die meisten katho- 
lischen Mächte, die Liga, der Kaiser und Spanien, erhoben hiergegen 
Einspruch und wollten das Land nicht in protestantische Hände fallen 
lassen. Daraufhin verbanden sich andrerseits die Union, England und 
die Niederlande 1) mit Heinrich IV. von Frankreich, der die Gelegenheit 
zu dem längst geplanten Kampfe gegen das Haus Habsburg für geeignet 
hielt. So schien ein großer europäischer Krieg schon damals unver- 
meidlich. Aber so weit kam es noch nicht; Heinrich IV. wurde (1610) 
ermordet, die Parteien zogen sich wieder zurück und überließen die 
beiden Fürsten sich selbst. Diese schlossen endgültig erst 1666 Frieden, 
und zwar erhielt Brandenburg folgende, schon seit 1614 von ihm 
allein verwalteten Gebiete: das rheinische Herzogtum Kleve (mit Wesel) 
und die westfälischen Grafschaften Mark (mit Soest) und Ravensberg 
(mit Bielefeld). Da Brandenburg ebenfalls durch Erbschaft 1618 das 
Herzogtum Preußen erwarb, so gewann es in Norddeutschland be- 
trächtlich an Einfluß. 
[Der Majestätsbrief 1609.] Inzwischen war Rudolf II. 
(1608) wegen seiner Untätigkeit durch die habsburgischen Erzherzöge 
gezwungen worden, Ungarn und Österreich seinem Bruder Matthias 
abzutreten, und das Königreich Böhmen rettete er nur dadurch, daß 
  
1) Die 7 nördlichen Provinzen der Niederlande waren 1581 von Spanien 
abgefallen und erhielten 1609 einen 12jährigen Waffenstillstand und 1648 die An- 
erkennung ihrer Unabhängigkeit.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.