Full text: Die deutsche und die brandenburgisch-preußische Geschichte. Erster Teil: Die deutsche Geschichte bis zum westfälischen Frieden. (1)

Heinrich IV. 1056—1106. 43 
Aufrichtung eines ewigen Gottesfriedens (treuga Dei#, die unter 
staatlicher Mithilfe der Fehdelust des kriegerischen Adels dadurch steuern 
sollte, daß von Mittwoch Abend bis Montag Morgen alle Waffen 
ruhen mußten; 2. die unbedingte Durchführung des Zölibats?), der 
Ehelosigkeit der Priester, die gerade damals in erschreckende Sitten- 
losigkeit ausgeartet war; 3. die Beseitigung der Simonies), d. i. der 
alte Brauch, wonach der König bei Verleihung eines Bistums oder 
einer Abtei eine Abgabe erhielt; die kirchliche Partei sah hierin einen 
unwürdigen Kauf des geistlichen Amts und griff damit zum erstenmal 
in die Machtbefugnisse des Königs ein. Heinrich III. verzichtete 
übrigens sofort auf die Simonie und suchte auch sonst die Bestrebungen 
der Kluniazenser mit allen Kräften zu fördern. Aber er erließ doch 
in dem Bewußtsein seiner Macht ohne Beihilfe der Kirche einen Befehl 
durch das ganze Reich, daß jedermann Frieden bewahren und sich aller 
Fehden enthalten solle. Alsdann begab er sich nach Italien, setzte 1046 
auf den Synoden zu Sutri (in Toskäna) und Rom die drei Päpste 
ab, die zu gleicher Zeit auf den heiligen Stuhl gelangt waren, und erhob 
nacheinander vier Päpste deut scher Abstammung, durch die die Kirche nach 
den Wünschen der Kluniazenser umgestaltet und weiter gefördert wurde. 
Heinrich IV. 1056—1106. ([Wendepunkt der deutschen 
Geschichte. Heinrichs IV. Minderjährigkeit bis 1065.|] Mit 
Heinrichs III. Tode trat ein wichtiger Wendepunkt in der deutschen 
Geschichte ein; das bisher so kraftvolle Kaisertum erhielt zwei ge- 
fährliche Gegner, denen es schließlich unterliegen sollte, und zwar 1. die 
deutschen Fürsten (Herzöge, Bischöfe), die auf Kosten der königlichen 
Macht die größte Selbständigkeit in ihren Gebieten anstrebten, und 
2. die römischen Päpste, die nicht bloß eine unabhängige Stellung 
neben, sondern sogar über dem Kaiser beanspruchten. Die Zeit für 
solche Bestrebungen war um so günstiger, als Heinrichs III. Sohn 
Heinrich IV. bei seinem Regierungsantritt erst 6 Jahre zählte und 
auch bei manchen guten Eigenschaften anfangs nicht die Tatkraft zeigte, 
die für die schwierige Stellung eines deutschen Königs und römischen 
Kaisers so sehr erforderlich war. 
  
1) Die treuga (althochdeutsch trewa = Treue) Dei wurde eigentlich von der 
aquitanischen Geistlichkeit angeregt und verbreitete sich dann erst nach der Normandie, 
Burgund und Frankreich. 
2) Vom lat. caelebs, ehelos. 
3) Dieses Wort erklärt sich aus der Apostelgeschichte 8, 18ff. 
8 36.
	        
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