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aufbringen konnte, stellte sich in den Dienst der Republik Venediglt,
eroberte die von den Ungarn besetzte Stadt Zara (in Dalmatien) und
zog dann gegen Konstantinopel. Die Stadt wurde erobert und
schließlich Graf Balduin von Flandern zum Herrscher des 1204
errichteten lateinischen Kaiserreiches gewählt. Balduin selbst erhielt
hierbei ein Viertel des Reiches, während drei Viertel teils an die
Venetianer, teils an französische Barone verteilt wurden. Die
vertriebene griechische Kaiserfamilie rettete sich nur ein Bruchstück Klein-
asiens, das Kaisertum Nicäa; aber von hier aus eroberte schon 1261
Michael Paläolögus mit Hilfe der auf die Machtentwicklung Venedigs
eifersüchtigen Genuesen Konstantinopel zurück, so daß das lateinische
Kaiserreich keinen langen Bestand hatte.
Friedrich II. 1215—1250. [Stellung zu Innocenz III.
und Gregor IX.] Wie machtvoll damals die Stellung des Papstes
war, ersieht man daraus, daß Friedrich II. vor seiner Thronbesteigung
Innocenz III. versprechen mußte, 1. das sizilische Reich seinem
minderjährigen Sohne Heinrich abzutreten, um es dadurch von
Deutschland zu trennen, und 2. sobald als möglich einen Kreuzzug
zu unternehmen. Der Kaiser war aber entschlossen, seine volle Selb-
ständigkeit zu wahren; er besaß eine hohe geistige und dichterische
Begabung und eine vortreffliche Erziehung und Bildung, die ihn weit
über seine Zeit erhoben. Er ließ trotz des gegebenen Versprechens
Heinrich zum deutschen Könige krönen und kehrte dann (1220) nach
Italien zurück, wo er sich immer heimischer als in Deutschland fühlte.
Da er auch die gelobte Kreuzfahrt öfter hinausschob, belegte ihn
der greise Papst Gregor IX. mit dem Bannluche.
Der fünfte Kreuzzug 1228— 1I220. Erwerbung Jerusalems.
Erst jetzt (1228) unternahm Friedrich II. den Kreuzzug, bei dem
er mit dem ägyptischen Sultan al Kämel so geschickt zu unterhandeln
verstand, daß er Jerusalem, Nazareth und Bethlehem erwarb
und sich in der heiligen Stadt die Krone aufsetzen konnte. Aber
dieser Erfolg befriedigte die päpstliche Partei keineswegs, weil er von
einem Gebannten und, wie man Friedrich nannte, einem Ungläubigen
errungen war.
[Friede mit Gregor IX.; Friedrichs Erbland.] Nach seiner
1) Das lebenslängliche Oberhaupt der Republik Venedig war ein Doge
[dödjel (von dux), damals der 90jährige Heinrich Dändolo.