Joachim I. 23
und Kammercgericht (1510), das nach dem Muster des Reichs-
kammergerichts als oberster Gerichtshof in den Marken dienen und
in allen Fällen, wo das bisherige Landesrecht nicht ausreichte, das
römische Recht zur Anwendung bringen sollte.
[Der Adel.] Dem Raubwesen des Adels konnte Joachim
nur mit der äußersten Strenge beikommen; Bürger und Bauern
klagten damals: „Vor Köckeritz und Lüderitz, vor Krachten und vor
Itzenplitz behüt' uns, lieber Herre Gott!“ und der Kurfürst selbst
fand einst an der Tür seines Schlafgemachs die Drohworte:
„Jöchimke, Jöchimke höde dy, fange wy dy, do hange wy dy!“ In
einem Jahre ließ er gegen 70 Räuber, darunter viele vom Adel,
ergreifen und hängen.
[Gegner der Reformation.] Joachim I. war ein ent-
schiedener Gegner der Reformation, während viele seiner
Untertanen der neuen Lehre zuneigten, ebenso seine eigene Ge-
mahlin Elisabeth, eine Nichte Friedrichs des Weisen von Kur-
sachsen, die sogar vor seinem Zorne in die Heimat flüchtete. Er
glaubte, eine Reform der Kirche dürfe allein von dem Papste und
dem Kaiser ausgehen und die lutherische Lehre werde einen all-
gemeinen Umsturz der Verhältnisse nach sich ziehen. Dazu kam, daß
sein Bruder, Erzbischof Albrecht von Mainz, den pößpstlichen
Ablaß für Norddeutschland übernommen hatte und ebenfalls dem
alten Glauben treu blieb. Dagegen trat der damalige Hochmeister
des Deutschen Ordens, Albrecht von Brandenburg, ein
Enkel Albrecht Achills, 1525 zur evangelischen Kirche über und
verwandelte auf den Rat Luthers seinen geistlichen Staat Ost-
preußen in ein weltliches Herzogtum (vgl. § 17).
[Grimnitzer Erbvertrag mit Pommern 1529.]
Für einen spätern sehr beträchtlichen Länderzuwachs sorgte
Joachim I. dadurch, daß er mit den Herzögen von Pommern
1529 den Erbvertrag zu Grimnitz (in der Uckermark) ab-
schloß, wonach der Kurfürst zwar auf die bisher beanspruchte Lehns-
hoheit über Pommern (§ 4) verzichtete, aber das Recht der Erbfolge
in diesem ganzen Lande für sich und seine Nachfolger erhielt 1).
1) Die Landschaft Pommern (slaw. po more = am Meere gelegen) —
von der Weichsel- bis zur Odermündung, später über die Oder hinausreichend
— wurde ursprünglich von Deutschen, nach der Völkerwanderung von
Slawen bewohnt und von slawischen Fürsten beherrscht. Seit der Einführung