Full text: Die deutsche und die brandenburgisch-preußische Geschichte. Zweiter Teil: Preußisch-deutsche Geschichte bis zum Tode Friedrichs des Großen. (2)

42 Friedrich Wilhelm der Große Kurfürst. 
Fürsten zusammen, die außer ihren Allodien oder Krongütern 
noch allerlei Regalien besaßen, bis sie diese infolge des Lehnswesens 
mehr und mehr an die Großen des Landes verloren. 
Erweiterung der Stadtwirtschaft zur Volkswirtschaft in der 
Neuzeit. [sIn Westeuropa: Bildung von National— 
staaten. Entstehung der Volkswirtschaft.] Ein Um- 
schwung der wirtschaftlichen Verhältnisse ging bei Beginn der Neu- 
zeit von Westeuropa aus. In Frankreich, Spanien, Portugal und 
England entstanden nämlich zum erstenmal einheitliche, natio- 
nale Staaten. Die Monarchen hatten hier die Macht des Adels 
und der Städte gebrochen und die volle Selbstherrlichkeit 
(Souveränität) an sich gebracht. Sie übten diese dadurch aus, daß 
sie an Stelle des unsicheren Lehnsverhältnisses ein bezahltes, absetz- 
bares und ihnen unbedingt ergebenes Beamtentum und an 
Stelle der unzuverlässigen Lehnsreiterei bezahlte Söldner und später- 
hin stehende Heere setzten. Ihre übermächtige Stellung be- 
festigte sich noch mehr, als nach der Entdeckung Amerikas (1492) 
und des Seeweges nach Ostindien (1498) aus den überseeischen 
Kolonien ihnen ungeheure Summen Goldes und Silbers zuflossen. 
Um diesen Reichtum zu erhalten und zu mehren, griffen sie selbst 
von nun an auch in die wirtschaftlichen Verhältnisse ihres Landes 
ein und förderten namentlich Gewerbe und Handel, die ihnen 
weit größeren Gewinn zu versprechen schienen als die Landwirtschaft. 
So erweiterte sich die bisherige Stadtwirtschaft, die doch mehr oder 
minder auf die einzelnen Städte beschränkt gewesen war, zu einer 
großartigen, den ganzen Staat umfassenden Nationalöko- 
nomie oder Volkswirtschaft, in der das Geldwesen (Kapital und 
Kredit) die erste Rolle spielte. 
[In Deutschland: Politischer und wirtschaft- 
licher Verfall.] Deutschland geriet in diesen Zeiten stark 
in den Hintergrund, und zwar politisch, weil es sich nicht national 
einigte, sondern in zahlreiche geistliche und weltliche Fürstentümer 
und Freie Städte auflöste, wirtschaftlich, weil der Geldreich- 
tum Spaniens die Edelmetalle überall plötzlich entwertete und eine 
arge Teuerung hervorrief 1), ferner weil die Ablenkung der Handels- 
  
1) Wenn der Wert des Geldes sinkt, und dies geschieht immer, wenn viel 
Geld vorhanden ist, so gehört mehr Geld dazu, als bisher, um eine Ware zu 
kaufen, d. h. der Preis steigt. Bei allgemeiner Preissteigerung tritt Teuerung ein.
	        
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