Full text: Die deutsche und die brandenburgisch-preußische Geschichte. Zweiter Teil: Preußisch-deutsche Geschichte bis zum Tode Friedrichs des Großen. (2)

Friedrich III. 47 
schule, die bis 1802 in Tätigkeit blieb, für die westlichen Landesteile 
des Staates. In religiöser Hinsicht übte der Kurfürst wie schon 
sein Großvater (8 14) die rechte Duldsamkeit. Er verzichtete also 
auf das immer noch geltende Recht, von den Untertanen sein eigenes 
Glaubensbekenntnis zu fordern, und es war ihm überaus ärgerlich, 
daß gerade damals wieder die Streitigkeiten zwischen Lutheranern 
und Reformierten mit großer Heftigkeit ausbrachen 1). Wie fest er 
selbst an seinem Glauben hing, ersieht man aus den Worten, die er 
bei Ablehnung der ihm angebotenen polnischen Königskrone sprach: 
„Meine Religion, darin ich meiner Seelen Seligkeit versichert bin, 
um einer Krone willen zu verlassen, werde ich in Ewigkeit nicht tun." 
Denn wenn er die Krone Polens annehmen wollte, hätte er zur 
katholischen Kirche übertreten müssen. 
Familie. Der Plan einer Vermählung zwischen dem Kurfürsten 
und der Königin Christine von Schweden hatte sich zerschlagen. 
Statt dessen vermählte sich Friedrich Wilhelm mit Luise Hen- 
riette von Oranien und nach ihrem Tode (1667) mit Doro- 
thea von Holstein. Aus beiden Ehen stammten Kinder, die 
nach dem Testamente des Vaters alle mit Fürstentümern aus- 
gestattet werden sollten, ein Verfahren, das dem Staate hätte un- 
zuträglich werden müssen. Zum Glück kam das Testament nicht 
zur Vollziehung, da die übrigen Mitglieder der Familie sich später 
durch Gelder abfinden ließen und den Kurprinzen als alleinigen 
Erben des Landes, das damals 110 000 qkm mit 1½ Mill. Ein- 
wohnern umfaßte 2), anerkannten. In der letzten Zeit an Gicht und 
Wassersucht leidend, starb der Große Kurfürst am 29. April (9. Mai) 
1688. Sein Andenken als Begründer des Glanzes und Ruhmes 
des Brandenburgisch-preußischen Staates ist unverlöschlich. 
4. Kurfürst Friedrich III., als König Friedrich I. 1688—1713. 
Kaiser: Leopold I. 1658—1705, 
seine Söhne: Joseph I. 1705—1711 und Karl VI. 1711—1740. 
Friedrich III. (geb. 11. Juli 1657) besaß nicht die glänzenden 
Eigenschaften seines Vaters. Er war kein bedeutender Staatsmann 
1) Der bekannte Liederdichter Paul Gerhardt, ein strenger Luthe- 
raner, legte damals sein Amt als Prediger in Berlin nieder, weil er einen kur- 
fürstlichen „Revers“ nicht unterschreiben wollte, der alle Zänkereien in der 
Kirche verbot. 
2) Schlesien, die größte Provinz Preußens, ist 40 000 qkm groß und zählt 
heute über 5 Mill. Einwohner. 
 
	        
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