Full text: Die deutsche und die brandenburgisch-preußische Geschichte. Zweiter Teil: Preußisch-deutsche Geschichte bis zum Tode Friedrichs des Großen. (2)

58 Friedrich Wilhelm I. 
des Ackerbaus, Gewerbefleißes und Handels. Für beides sorgte er 
selbst in unermüdlicher Tätigkeit. Denn er war nicht bloß ein 
vollendeter Soldat, sondern auch in allen Zweigen der Ver- 
waltung heimisch. Nur die auswärtige Politik legte er in 
die Hände anderer, weil sich sein gerader, stets offener Charakter mit 
den diplomatischen Künsten jener Zeit nicht vertrug. Er wurde 
hierbei durch seinen Minister von Grumbkow und den keiser- 
lichen Gesandten Grafen von Seckendorfmehr, als gut war, in 
österreichischem Sinne beeinflußt. — Sein Eigenwille, seine Heftig- 
keit und sein spartanisch-einfaches Wesen machten ihn freilich beim 
Volk und namentlich bei den Beamten, von denen er dieselbe Ord- 
nungsliebe und Pflichttreue wie von sich selbst verlangte, wenig be- 
liebt. Aber die Nachkommen gaben ihm das Zeugnis, daß ohne seine 
Genauigkeit in allen Dingen ein Friedrich der Große nicht möglich 
gewesen wäre. Wie sehr er die Heuchelei haßte, dagegen wahre 
Frömmigkeit im Herzen trug, beweist der Ausspruch von ihm: „Ich 
bin kein Pietist (Frömmler), aber Gott vor alles in der Welt und 
alles mit Gott!“ 
a) Regierung nach außen. 
Der Friede zu Utrecht, den Friedrich I. nicht mehr erlebt hatte, 
brachte Friedrich Wilhelm I. 1713 die Anerkennung der 
Königswürde und aus der oranischen Erbschaft noch das Ober- 
quartier von Geldern (Regbzk. Düsseldorf, vergl. § 28, 2) ein. 
Der Nordische Krieg 1700—1721. Gleichzeitig mit dem 
Spanischen Erbfolgekrieg, der den Westen Europas umgestaltete, war 
im Nordosten Europas der Nordische Krieg entbrannt, ein 
ebenso gewaltiges und folgenschweres Ereignis, das sich aber mit 
jenem kaum berührte. Der größere Abschnitt des Nordischen 
Krieges fiel noch in die Regierungszeit Friedrichs I. Dieser hatte 
aber seine Unterstützung schon dem Kaiser für den Spanischen Krieg 
zugesagt und hielt sich daher von weiteren Einmischungen fern, ob- 
wohl ihm Karl XII. von Schweden ein Verbindungsland zwischen 
der Mark und Preußen anbot, wenn er auf seine Seite träte. Da- 
gegen gab Friedrich Wilhelm I., wie wir sehen werden, seine 
abwartende Haltung auf und schloß sich den Feinden Schwedens an. 
[Ursachen des Krieges.] Schweden war durch Gustav 
Adolf und seine Nachfolger zu einem mächtigen Staate heran- 
gewachsen. Es beherrschte fast alle Küstenländer der Ostsee und die
	        
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