Friedrich Wilhelm I. 63
Reform ein, wonach die Stadtverwaltungen durch königliche Beamte
scharf kontrolliert wurden.
Umgestaltung der Staatsverwaltung. [Heranziehung des
Bürgerstandes.] Dagegen zog der König zum erstenmal den
Bürgerstand zum Dienste des Staates heran. Er entnahm
ihm nämlich großenteils die Beamten, deren Befugnisse er auch
streng abgrenzte. Dabei gestaltete er die gesamte Staatsver-
waltung um. Denn an die Stelle des Geheimen Rates und
mehrerer andrer Oberbehörden setzte er das General-Direk-
torium, eine Art Staatsministerium, bei dem alle Fäden der Ver-
waltung zusammenliefen, und von dem die zur Prüfung der Aus-
gaben bestimmte Generalrechenkammer (später Ober-
rechnungskammer) eine Abteilung bildete. Die untergeordneten
Behörden waren dann die Kriegs= und Domänenkammern
(die späteren Bezirksregierungen) und die Landräte in den
Kreisen. Durch diese Neuordnung erlangte die preußische Ver-
waltung eine größere Einheit als irgend eine andere auf dem Fest-
lande, und da der König durch persönliche Aufsicht die Beamten
zu äußerster Pflichttreue und Selbstverleugnung (wie er sagte:
„zur verdammten Pflicht und Schuldigkeit“) anhielt, so wurde
Preußen „die hohe Schule der Ordnung und Haushaltungskunst,
wo Große und Kleine sich nach dem Exempel ihres Oberhauptes
meistern lernen“.
Umgestaltung des Heeres. [Heranziehung des Bauern-
standes.] Aber auch den Bauernstand machte der König für
die Staatszwecke mehr dienstbar als bisher. Am liebsten wäre es
ihm freilich gewesen, die angeworbenen Soldaten ganz zu entlassen
und nur Kinder des Landes zum Heerdienst zu berufen, dazu
reichte aber die Bevölkerung seines kleinen Ländergebietes noch nicht
hin, und er mußte etwa die Hälfte des Heeres nach wie vor durch
Werbungen in den übrigen Teilen Deutschlands und im Aus-
lande (Ungarn, Ukraine) aufbringen. Die andere Hälfte jedoch kam
durch das von ihm eingerichtete Kantonsystem zusammen, d. h.
er teilte den Staat in Kantone oder Bezirke und wies diese den
einzelnen Regimentern zur Ergänzung des Heeres in der Weise an,
daß die Obersten namentlich jüngere Bauernsöhne, Ackerknechte und
Tagelöhner zum Dienste einziehen durften. Damit war der An-
fang zu einer allgemeinen Wehrpflicht gemacht. In diesem