Full text: Die deutsche und die brandenburgisch-preußische Geschichte. Zweiter Teil: Preußisch-deutsche Geschichte bis zum Tode Friedrichs des Großen. (2)

8 33b. 
64 Friedrich Wilhelm J. 
Heere nahm nun der einheimische Adel die Offizierstellen ein und 
befahl dem Soldaten ebenso, wie er als Grundherr dem Bauern 
befahl. So war auch am besten für eine vorzügliche Mannszucht 
gesorgt, und der sonst so strenge König sah nur darauf, daß der 
Soldat besser zu essen und weniger Prügel bekam als der Bauer 
zu Hause. Am Ende seiner Regierung zählte das Heer bei einer 
Einwohnerschaft von 21/, Million über 80 000 Mann. Fürst 
Leopold von Dessau, „der alte Dessauer“, war es, der den 
König in seinem Bestreben, Preußen zu dem tüchtigsten Militär— 
staat der Welt zu machen, am besten verstand und am meisten unter— 
stützte. Er war ein großer Feldherr und ein peinlich genauer 
Exerziermeister zugleich; er führte den eisernen Ladestock, der ein 
schnelleres Feuern ermöglichte, und den Gleichschritt ein, der den 
Truppen erst die rechte Haltung gab!#). 
c) Volkswirtschaft, Kunst und Wissenschaften, Familienleben. 
Der Merkantilismus. [Entstehung und Bedeutung.] 
Seit dem 16. Jahrhundert flossen bekanntlich (§ 22 a, 3) aus den 
überseeischen Kolonien ungeheure Mengen von Edelmetallen nach 
Europa. Das Geldwesen bekam dadurch eine weit größere Be- 
deutung als im Mittelalter. Auch die Fürsten erkannten, daß der 
Reichtum ihre Macht und ihr Ansehen erhöhe, und setzten daher alles 
daran, die wirtschaftlichen Kräfte ihres Landes zu heben und ihr 
Volk dadurch wohlhabend zu machen. Sie gingen dabei ganz selbst- 
herrlich vor und bevormundeten dabei namentlich die Gewerbe= und 
Handeltreibenden in jeder Weise. Ein späterer Volkswirtschafts- 
lehrer, Adam Smith, hat ihr Verfahren Merkantilismus, 
d. h. Handelssystem, genannt, obwohl die Bezeichnung „landes- 
fürstliche Wohlstandspolizei“ treffender gewesen wäre. Denn die 
fürstliche Fürsorge erstreckte sich nicht bloß auf den Handel, sondern, 
wie schon gesagt, auch auf das Gewerbe und z. B. bei den Hohen- 
zollern selbst auf die Landwirtschaft. Ludwigs XIV. Finanz- 
1) Des Königs Vorliebe für seine Potsdamer Riesen oder langen Kerle ist 
bekannt. Um einen solchen Riesen zu erwerben, konnte er mitunter von seiner 
sonstigen Sparsamkeit absehen und einmal sogar 27000 Mark daranwenden. 
Nach andrer Auffassung wollte der König durch seine „Spielerei“ mit großen 
Leuten die Aufmerksamkeit der eifersüchtigen Habsburger auf die Verbesserung 
des preußischen Heeres ablenken. Jedenfalls löste Friedrich der Große die 
Riesengarde als militärisch bedeutungslos sofort auf. 
 
	        
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