68 Friedrich II. der Große.
ihre ältesten Kinder Friedrich (II.) und Friederike Wilhelmine
mit Mitgliedern des englischen Königshauses zu vermählen und
dadurch die beiden Länder England und Preußen einander näher zu
bringen. Friedrich Wilhelm sah aber das Glück seines Staates noch
ganz allein in der engen Verbindung und Freundschaft mit Österreich
und wies daher die englische Werbung, die am Wiener Hofe ver-
stimmt hatte, entschieden zurück. Hierdurch und durch andere Ver-
hältnisse gestaltete sich, wie die Jugendgeschichte des Nachfolgers
lehren wird, das Familienleben bei Hofe recht unerquicklich. Auch
dieser Umstand trug dazu bei, daß der König erst in einer spätern
Zeit als der wahre Begründer der strengen preußischen Verwaltung
und als der Riese anerkannt wurde, auf dessen Schultern stehend
sein großer Sohn seine glänzende Tätigkeit entfalten konnte.
6. Friedrich II. der Große 1740—1766.
Kaiser: Karl VI. 1711—1740; Zwischenherrschaft 1740—1742; Karl VII.
(von Bayern) 1742—1745; Franz I. 1745—1765; Joseph II. 1765—1790.
In Osterreich: Maria Theresia 1740—1780; ihr Sohn Joseph II. 1780—1790.
(L. II, 63; 64: Tschirch, Friedrich der Große.)
Friedrich II., geboren am 24. Januar 1712, erhielt seine erste
Erziehung durch Frau von Rocoulles, dieselbe, die schon
seinen Vater erzogen hatte, später durch den General Grafen
von Finkenstein. Nach des Vaters Willen sollte Friedrich ein
strammer Soldat, ein sparsamer Wirt und ein guter Christ werden.
Der Unterricht war dürftig genug und erstreckte sich nur auf Ge-
schichte, Erdkunde, Rechnen, französischen und deutschen Stil. Sehr
bald zeigte sich aber ein schroffer Gegensatz zwischen Vater und
Sohn. Denn jener legte auf die rein militärische und religiöse
Erziehung seines Sohnes das Hauptgewicht, während dieser, an-
geregt durch seinen Lehrer, den französischen Auswanderer (Emi-
granten) Duhan de Jandun, auch an den höheren geistigen
Genüssen, an französischer Literatur, am Zeichnen und am Flöten-
spiel 1) Gefallen fand und sich zu viel damit beschäftigte. Der
König hielt seinen Sohn für entartet und verloren und machte ihm
das Leben durch seine Strenge unerträglich. Da faßte Friedrich
(1730) den Entschluß, nach England zu flüchten. In Steinsfurt
1) Der berühmte Flötenspieler Quantz war sein Lehrer in dieser Kunst,
die König Friedrich II. später bis zur Vollendung übte.