Wilhelm II. 103
14) General v. Falkenhayn waren. Die Mobilmachung
verlief geradezu musterhaft und brachte mehrere Überraschungen:
die Truppen erhielten feldgraue Uniformen, um sie dem Feinde
schwer erkenntlich zu machen; Krupp in Essen hatte im geheimen
eine ungeheure, die 42 em-Kanone und die Österreicher Motor-
batterien hergestellt, die sich vor den Festungen vortrefflich be-
währten; Flieger, Zeppeline, Kraftpagen und Räder und
Scheinwerfer standen bereit, um für die Aufklärung der feindlichen
Stellungen zu sorgen, die Flugzeuge auch, um dem Feinde durch
Herabwerfen von Bomben zu schaden; die Eisenbahnen waren
imstande, nicht bloß die Truppen rechtzeitig an die Grenzen zu be-
fördern, sondern auch während des Krieges selbst ganze Heere
schnellstens von Ost nach West und umgekehrt auszutauschen. Die
Verpflegung der Truppen im Felde ließ nichts zu wünschen
übrig, besonders die neuen Feldküchen, von den Soldaten scherzweise
„Gulaschkanonen“ genannt, erfreuten sich allgemeiner Beliebtheit; der
Gesundheitsdienst für das Heer arbeitete im Verein mit dem
Roten Kreuz auf das gewissenhafteste, und das verbesserte Heilver-
fahren ermöglichte eine schnellere und häufigere Wiederherstellung
der Verwundeten, als in allen bisherigen Kriegen.
[Englands Aushungerungsplan und unsrewirt-
schaftliche Mobilmachung.] Bisher waren die Kriege ledig-
lich durch die Tapferkeit der Heere entschieden worden. Diesmal
faßte aber England den teuflischen Plan, Deutschland dadurch
zur Unterwerfung zu zwingen, daß es über unfre Häfen die
Blockade erklärte und damit auch unfrer Zivilbevölkerung die
Zufuhr aller Lebensmittel abschnitt, uns also auszuhungern
suchte. Dieser Plan mißlang zum Glück vollständig. Denn unfre
Reichsregierung mahnte die Bevölkerung sofort zu äußerster Spar-
samkeit und regelte fünf Monate später selbst den Verkehr mit
Brotgetreide und Mehl (Brotkarten), kontrollierte die Vorräte und
setzte den Mehlverbrauch auf 200 g für den Tag und Kopf fest. Es
verbot ferner die Verfütterung von Brotgetreide und sorgte endlich
für ein stärkeres Ausmahlen und für einen Zusatz von Kartoffelmehl
zur Brotbereitung (K-Brot). Gegen Ende des ersten Kriegsjahrs
konnte mit Befriedigung festgestellt werden, daß wir „durch-
halten“ würden, ja ein gut Teil Vorräte wurde noch auf das
nächste Erntejahr übernommen. Ebenso täuschten sich unfre Feinde