Wilhelm II. 109
Zu seiner Genugtuung folgten ihm die Russen, aber immer
noch mit so gewaltigen Massen, daß er zum zweitenmal den gesamten
Schlachtplan änderte. Er ging wiederum zurück, zerstörte dabei, um
dem etwa folgenden Feinde das Fortkommen zu erschweren, alle
Eisenbahnen, Straßen und Telegraphenanlagen, und machte erst die
Linie Krakau — Czenstochau ttschenstochau! — Sieradz
schjäraz) an der Warte zur Grundlage der künftigen Unter-
nehmungen. Langsam rückten ihm die Russen auch hierher nach.
Ihre Truppenmassen waren inzwischen ins Ungeheure angewachsen
und betrugen etwa 45 Armeekorps, als sie mit Mitte November 14
an unsern Ostgrenzen standen und Posen, Schlesien und Österreichisch-
Schlesien unmittelbar mit einem Einfall bedrohten. Da setzte
Hindenburg einen neuen Angriff an. Sein nach Norden vor-
geschobener linker Flügel siegte bei Wloclawek Iwlozläwek] an
der Weichsel und bei Kutno (südöstl. davon). General v. Mackensen
schwenkte dann von hier nach Süden ab, schloß zwei russische Heere
im Osten und Südosten von Lodz llodsch] ein und zog, um die
Umklammerung zu vollenden, Verstärkungen von Posen und Breslau
heran. Das Schicksal jener russischen Heere schien damit besiegelt,
als sich ein unerwarteter Rückschlag ereignete. Es gelang nämlich
den Russen, den eingeschlossenen Heeren im letzten Augenblick von
Osten und Süden Hilfstruppen zuzuführen. Diese drohten jetzt
ihrerseits, unsre östlich von Lodz stehenden Streitkräfte zu umzingeln
und gefangen zu nehmen. Allein unfre kleine tapfere Schar gab ihre
Sache keineswegs verloren. Sie sprengte unter General v. Litzmann
mit beispielloser Kühnheit in der Nacht zum 25. 11. 14 den eisernen
Ring und schlug sich nicht nur ostwärts zu Mackensen durch, sondern
machte dabei noch über 12 000 Gefangene, mehr als ihre eigene Zahl
betrug. Es war eine unerhörte Heldentat! In der Nacht zum 6. 12.
räumten dann die Russen Lodz selbst und zogen sich hinter die
Bzura lbsura] (zur Weichsel) und deren Nebenfluß Rawka
zurück, wo es nun auch hier, wie auf dem westlichen Kriegsschauplatz,
zu einem monatelangen Stellungskampfe kam. Da aber im
Dezember auch unsere Bundesgenossen bei Limanôwa (westl. vom
mittlern Dunäjec (3)) den russischen Flügel in Westgalizien zurück-
warfen, so zerschellte der große vom Feinde geplante Durchbruch nach
Deutschland vollständig.
[Hindenburgs „Winterschlacht in Masuren":
Februar 1915. Ihre Wirkung auf den Westen, „die