Full text: Die deutsche und die brandenburgisch-preußische Geschichte. Dritter Teil: Preußisch-deutsche Geschichte vom Tode Friedrichs des Großen bis zur Gegenwart. (3)

16 Friedrich Wilhelm II. 
Juni 1791 sich durch Flucht nach einer Grenzfestung seiner ge— 
fährdeten Lage zu entziehen, wurde aber in Varennes erkannt, in 
demütigender Weise nach Paris zurückgeführt und gezwungen, den 
Eid auf die Verfassung zu leisten. Damit schien die Monarchie noch 
einmal gerettet zu sein. Die konstituierende Versammlung, 
die ihre Aufgabe erfüllt hatte, wurde geschlossen, und an ihre Stelle 
trat jetzt auf Grund der neuen Verfassung die erste gesetzgebende 
Versammlung. 
Die gesetzgebende Versammlung 1791—1792. [Tuilerien- 
Sturm 10. August; der König im Temple; Sep- 
tembermorde 1792.] Die aus etwa 750 Abgeordneten be- 
stehende gesetzgebende Versammlung geriet bald in Abhängig- 
keit von einer kleinen, aber redegewandten, republikanisch gesinnten 
Partei, den Girondisten), die an eine verständige Gesetzgebung 
nicht dachten, sondern vielmehr den Krieg mit den monarchischen 
Staaten und den Sturz des eigenen Königtums betrieben. 
Ludwig, der mit dem Beginne des Krieges zögerte und die eidver- 
weigernden Priester ihrer Stellen nicht entsetzen wollte, wurde am 
10. August 1792 in seinem Tuilerien-Palaste vom Pariser 
Pöbel überfallen 2) und flüchtete mit seiner Familie in die gesetz- 
gebende Versammlung. Diese war durch die Straßenvorgänge so 
eingeschüchtert worden, daß sie die königliche Gewalt zeitweise auf- 
hob (suspendierte), die königliche Familie in das Staatsgefängnis 
des Temple abführen ließ und die Berufung eines National- 
konvents (la Convention nationale) beschloß, der über die 
künftige Staatsform endgültig entscheiden sollte. Um diesen Kon- 
vent durchaus republikanisch zu gestalten, richteten die in- 
zwischen immer mächtiger gewordenen Jakobiner, an der Spitze die 
Blutmenschen Danton, Robespierre und Marat, in Paris 
und in den Provinzen einen Massenmord an, die sogenannten 
Septembermorde, durch die die Gegner der Republik ver- 
nichtet werden sollten. 
  
1) So genannt, weil die Mehrzahl ihrer Mitglieder aus den Departements 
der Gironde stammte. 
2) Dem Pariser Pöbel hatten sich jakobinische Scharen aus den Provinzen, 
besonders aus Marseille, angeschlossen. Diese sangen damals zuerst das 
neu aufgekommene Lied der Marseillaise, die dann zur französischen 
Nationalhymne wurde.
	        
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